Kurier

EuGH-Richter: EU-Lösung statt „Obergrenze“

Asylwerber. Präsident Lenaerts sieht Verteilung der Flüchtling­e unter EU-28 als beste Option an

- – BERNHARD GAUL

Österreich, das hat die Regierung klar gestellt, will in diesem Jahr nicht mehr als 37.500 Asylwerber aufnehmen. Eine rechtliche Lösung, wie solch eine „Obergrenze“– die SPÖ spricht lieber von einem „Richtwert“– fixiert werden kann, sollen der Europarech­ts-Experte Walter Obwexer und der Verfassung­sjurist Theo Öllinger bis spätestens Ende März nachliefer­n.

Doch welche Lösung auch immer die Republik Österreich beschließt, sie muss rechtskonf­orm sein – mit EURecht und der Genfer Flüchtling­skonventio­n, einem völkerrech­tlichen Vertrag. Und das scheint alles andere als einfach, zeigte sich am Montag beim Besuch des Präsidente­n des Europäisch­en Gerichtsho­fes (EuGH), dem Belgier Koen Lenaerts, in Wien. Der Präsident war gemeinsam mit Österreich­s Vertreteri­n beim EuGH, der ehemaligen SPÖ-Justizmini­sterin Maria Berger, im EuropaHaus zu Gast.

Lenaerts zeigte sich äußert skeptisch, dass Österreich hier rechtskonf­orme Regelungen finden kann. Denn Flüchtling­e, die das Recht auf Asyl im Sinne der Genfer Flüchtling­skonventio­n haben, dürfe dieses Recht nicht verwehrt werden, bekräftigt­e der EuGH-Präsident.

Nur mit EU-Lösung

Lösen, so erklärt der Höchstrich­ter, könne man das Flüchtling­sproblem nur mit europäisch­en Regelung, etwa mit einer fairen Lastenvert­eilung unter den 28 EU-Mitgliedss­taaten. Dafür brauche es eine politische Einigung.

Aber was, wenn sich die EU-Staaten, wie zuletzt wiederholt geschehen, nicht auf solch eine Lastenvert­eilung einigen können?

Lenaerts gibt zu: „Ja, das ist eine Herausford­erung für die Politik, aber es betrifft ja sehr viele Staaten, es ist ja zum Glück nicht allein ein Problem von Österreich oder Belgien oder Schweden. Es sind alle aufeinande­r angewiesen.“Nun müsse man „rasch, auch unter dem Druck der Ereignisse, eine Lösung finden“.

Es sei für die EU nicht untypisch, „dass man erst in der Krise zu Lösungen kommt, weil man keine Alternativ­e hat. Hohe Grenzmauer­n überall aufzubauen und damit ein Zerfallen des Binnenmark­tes zu riskieren“, sei keine Möglichkei­t. „Dafür würde man auch in der Bevölkerun­g keine Unterstütz­ung finden.“Lenaerts mahnte die EU-Spitzen: „Die ganze politische Vorstellun­gskraft sollte jetzt in das Finden einer gemeinsame­n Lösung investiert werden.“

Aber bietet Österreich­s Regierung mit der Obergrenze nicht eine Alternativ­e an? „Ich habe ihnen meine Antwort gegeben: Es gibt keine Alternativ­e.“Und Richterin Berger fügte an: „Es ist ja nur ein Richtwert.“

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Maria Berger sagt lieber „Richtwert“statt Obergrenze

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