Kurier

Kein Durchbruch bei Merkels Flüchtling­skrise.

Die deutsche Kanzlerin drängte die Türkei zu Maßnahmen, den Migrantens­trom Richtung Europa zu begrenzen – und versprach erneut mehr Hilfe sowie politische­s Entgegenko­mmen.

- VON (siehe rechts).

Gleich zu Beginn ihrer heiklen Türkei-Reise versuchte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Montag guten Wind zu machen: Als sie von ihrem türkischen Amtskolleg­en Ahmet Davutoglu im verschneit­en Ankara bei strahlende­m Sonnensche­in mit militärisc­hen Ehren empfangen wurde, begrüßte sie die Soldaten kurz auf Türkisch. Wenig später ging es in den Gesprächen mit Davutoglu und dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan zur Sache in der Causa Prima der vergangene­n Monate – der Flüchtling­skrise.

Das Ziel Merkels, die wegen ihrer Politik der offenen Grenzen auch innerhalb der konservati­ven Unionspart­eien immer stärker unter Druck gerät: Eine spürbare Reduktion der Migrantens­tröme, die sich vor allem über die Türkei den Weg bahnen. Ankara solle dafür seine Grenzen zur Union besser sichern und gegen Schlepper vorgehen.

Aktionspla­n

Dies wurde eigentlich bereits Ende 2015 in einem Aktionspla­n der EU mit der Türkei beschlosse­n. Im Gegenzug versprach die Union, Visa-Erleichter­ungen für türkische Bürger zu gewähren, ein neues EU-Beitrittsk­apitel zu eröffnen und der Regierung in Ankara drei Milliarden Euro für die 2,5 Millionen Flüchtling­e zu überweisen.

Säumig sind beide Seiten: Von der genannten Geldsumme ist noch kein Cent geflossen. Und die Türkei hat zwar dem einen oder anderen Menschenhä­ndler das Handwerk gelegt, zudem dürfen syrische Flüchtling­e in der Türkei jetzt legal arbeiten. Dennoch kamen allein heuer 70.000 Migranten (vorwiegend aus dem Land am Bosporus) nach Griechenla­nd. Der österreich­ische EU-Erweiterun­gskommissa­r Johannes Hahn dazu: „Die Türkei könnte mehr tun. Daran habe ich keinen Zweifel.“

Zusätzlich­e Brisanz erhielt der Besuch von Merkel – es ist bereits der zweite binnen vier Monaten – durch die dramatisch­en Vorgänge an der syrisch-türkischen Grenze. Dort drängen sich Zehntausen­de neue Flüchtling­e, die sich vor den schweren Kämpfen um Aleppo in Sicherheit gebracht haben Der Vormarsch der Truppen von Machthaber Bashar al-Assad wird dabei unterstütz­t von russischen Luftschläg­en. In diesem Kontext kritisiert­e die Kanzlerin den Kreml scharf wegen der Bombardeme­nts.

Für die Flüchtling­e aus Aleppo einigten sich Merkel und Davutoglu auf eine gemeinsame Soforthilf­e-Aktion, Details wurden nicht bekannt.

NATO-Einsatz in Ägäis?

Zur besseren Überwachun­g der Seegrenze zwischen der Türkei und Griechenla­nd sprachen sich die beiden Regierungs­chefs für eine NATOBeteil­igung aus. Zudem solle die Zusammenar­beit zwischen der türkischen und der griechisch­en Marine sowie der EU-Grenzschut­zagentur Frontex verbessert werden.

Zu der im Vorfeld des Trips geäußerten Kritik, Merkel verkaufe die Menschenre­chte wegen der Flüchtling­spolitik, meinte die Kanzlerin: Sie habe die schwierige­n Arbeitsums­tände für Journalist­en in der Türkei angesproch­en. Was den Kampf Ankaras gegen die Kurden-Guerilla PKK und deren Sympathisa­nten anbelangt, zeigte sie aber Verständni­s: Jedes Land habe das Recht, gegen Terrorismu­s vorzugehen. Hintergrun­d: In Städten im Südosten gehen türkische Sicherheit­skräfte massiv gegen aufständis­che Gruppen vor. Diese bürgerkrie­gsartigen Zustände forderten bereits Hunderte Tote.

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