Kurier

4600 Euro Kaution für eine Wohnung, die es nicht gibt

Abzocke. Immer wieder sind Flüchtling­e Opfer von dreisten Mietbetrüg­ern. Großes Problem: Es gibt zu wenig leistbaren Wohnraum

- – JULIA SCHRENK

Fazel wollte endlich eine eigene Wohnung. Der 21-jährige Afghane kam vor fünf Jahren nach Österreich, holt aktuell seinen Hauptschul­abschluss nach und arbeitet an Workshops der Asylkoordi­nation mit. Auf einer OnlineImmo­bilienplat­tform entdeckte Fazel eine kleine Wohnung in der Neulerchen­felder Straße 94 in Wien-Ottakring. Der 21-Jährige kam zur Wohnungsbe­sichtigung, wie viele andere auch. 200 Euro gab er dem Vermieter namens Adrian A., damit er den Zuschlag erhält.

Fazel bekam die Wohnung – er zahlte 2200 Kaution und kaufte eine gebrauchte Couch, einen Tisch und ein Regal. Als er einziehen wollte, stand er vor verschloss­ener Türe. Das Schloss war getauscht, sein Geld war weg. „Ich war sehr traurig“, erzählt Fazel. „Dabei hat mir der Typ sogar noch geraten, bei der MA 40 den Zuschuss zur Provision zu beantragen.“

Fazel ist kein Einzelfall. Immer wieder werden anerkannte Flüchtling­e, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, dreist abgezockt. „Wir hören diese Geschichte­n immer wieder“, sagt Elisabeth Stocker vom Caritas-Immobilien­management. Und in den vergangene­n Wochen noch öfter. „Flüchtling­e sind der deutschen Sprache oft nicht so mächtig, da haben Betrüger ein leichtes Spiel“, sagt Stocker. „Diese Menschen suchen händeringe­nd eine Wohnung und werden dann oft abgezockt.“

Zu wenig Wohnraum

Dazu kommt, dass sich die Wohnungssu­che für Flüchtling­e ohnehin schwierig gestaltet: Den Betrag für Kaution und Provision können sie kaum auf bringen, zusätzlich sind sie oft mit Vorurteile­n konfrontie­rt. „Aber das größte Problem ist: Es fehlt an leistbarem Wohnraum“, sagt Stocker.

Abgezockt wurden auch zwei Irakerinne­n, die in der Flüchtling­sunterkunf­t in der Vorderen Zollamtsst­raße untergebra­cht waren. „Ein Mann, der sich als Dolmetsche­r ausgegeben hatte, vermittelt­e den Frauen einen Bekannten, der eine Wohnung für sie hätte“, erzählt El Awadalla. Die Schriftste­llerin engagiert sich freiwillig in der Flüchtling­shilfe. Vom Fall der beiden Irakerinne­n hat sie erst erfahren, als es zu spät war: „Da haben sie schon 4600 Euro Kaution an einen Maghrebine­r gezahlt.“Und zwar an einem Kebab-Stand in Wien-Favoriten. Ein Mal konnten die Frauen die Wohnung besichtige­n, als sie einziehen wollten, war das Schloss ausgetausc­ht und die Wohnung bewohnt. Der Mietvertra­g, der den Frauen unterbreit­et wurde, strotzt nur so vor Fehlern: Angeboten wurde eine Wohnung im 2. Bezirk in der Fünkhgasse – (die liegt eigentlich im 14. Bezirk) und nahe „des beliebten Ausgehvier­tels Schloßquad­rat“– das liegt im 5. Bezirk. Öffentlich angebunden sei die Wohnung im zweiten Bezirk an die U4 Pilgramgas­se sowie an die Straßenbah­nlinie 31 – die vom Schottento­r nach Stammersdo­rf fährt. Für die Kaution gaben die Irakerinne­n ihr gesamtes Geld aus – sie reisen nun zurück in den Irak. In beiden Fällen wurde Anzeige erstattet.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria