Auch mit Krebs gut leben können
Unterstützung. Wie Psychologen Krebspatienten bei der Verarbeitung der Krankheit helfen können
Psychologische Betreuung ist mittlerweile ein fixer Bestandteil der ProstataKrebs-Therapie und hilft Betroffenen dabei, ihre Zuversicht nicht zu verlieren. Gabriela Mausser, Psychoonkologin bei der Krebshilfe Niederösterreich, unterstützt Patienten und deren Angehörige. Wie nehmen Patienten die Diagnose erfahrungsgemäß auf? Gabriela Mausser: Die Diagnose ist erfahrungsgemäß so, dass es einem dem Boden unter den Füßen wegzieht. Sie löst in den meisten Patienten sehr viele dunkle Gedanken und Fantasien aus, die einem anfangs recht unkontrolliert im Kopf herumspuken. Mit dem Auf bau eines Betreuungsnetzwerks lässt sich das allmählich in den Griff bekommen. Patienten müssen nicht beständig in Panik und mit Todesangst leben. Die Psyche hält auch hier genügend Ressourcen bereit, sich allmählich an diese neue Situation zu gewöhnen. Wie kann man diesen Bewältigungsprozess unterstützen?
Es ist wichtig, dem Patienten klarzumachen, dass er mehr ist als die Krankheit. Das bedeutet zu lernen, gesunde und starke Anteile wieder nutzbar zu machen, um wieder einen guten Zugang zu den eigenen Wünschen und Ressourcen zu finden. Auf das zu schauen, was gut ist, und daraus Zuversicht und Sicherheit zu schöpfen. Haben Männer eher Hemmungen, Hilfe in Anspruch zu nehmen?
Manchmal tun sich Männer schwerer, über ihre Gefühle und Ängste zu sprechen. Die Klienten, die eine Beratungsstelle aufsuchen, haben aber schon den ersten Schritt getan, um das zu überwinden. Häufig wissen die Patienten einfach nicht, was sie erwartet. Wenn sie hier dann aber einen sicheren Raum vorfinden, in dem sie offen reden können, stellen sie fest, wie sehr das entlastet. Wenn sie sich gut aufgehoben fühlen, kommen sie auch gerne wieder. Mit welchen Ängsten kommen die Patienten zu Ihnen?
Viele Prostatakrebs-Patienten machen sich nicht nur Sorgen um die Gesundheit, sondern auch um ihre Beziehung. Als Nebenwirkung der Behandlung können neben Inkontinenz auch Erektionsstörungen auftreten. Man versucht dann, den Paaren zu helfen, neue Wege zu finden, um innig und lustvoll miteinander weiterleben zu können. Betreuen Sie auch Paare? Ganz nach Wunsch des Patienten und dessen Partnerin. Für Paare ist es oft hilfreich, zu uns kommen zu können und mit einem neutralen Gegenüber zu sprechen. Viele Themen lassen sich leichter fassen, wenn sie von einer Psychoonkologin auf den Tisch gebracht werden. Die Erkrankung betrifft ja auch immer das Umfeld. Häufig entsteht in Beziehungen eine Dynamik, in der Paare versuchen, füreinander tapfer zu sein und sich gegenseitig zu schonen. Das macht es dann oft schwierig, heiklere persönliche Themen anzusprechen. Viele Männer stehen zum Zeitpunkt der Diagnose ja noch im Berufsleben. Auch daran knüpfen sich viele Ängste. Die drehen sich einerseits um die eigene Leistungsfähigkeit im Beruf. Manche wollen deshalb nicht, dass ihre Erkrankung bekannt wird. Andere sorgen sich um die finanzielle Situation der Familie. Das ist auch eine realistische Sorge. Nachdem die Lohnfortzahlung endet, erhält man nur noch Krankengeld. In manchen Fällen kann das wirklich bedrohlich werden. Die Krebshilfe unterhält daher auch einen Fond, um Menschen, die unverschuldet in eine solche Notlage geraten sind, zu unterstützen. Was braucht es, um mit der Krankheit gut leben zu können?
Es gibt sicherlich kein Patentrezept. Aber meine Erfahrung ist, dass Patienten gut mit der Erkrankung leben, wenn sie die Möglichkeiten der Schulmedizin ausschöpfen und auch komplementärmedizinische Angebote in Anspruch nehmen. Und vor allem auch: ihr Leben so weiterleben, wie sie das bisher gemacht haben – ohne große Veränderungen, ohne auf Weltreise zu gehen oder ähnliches. Man kann mit der Krankheit leben. Der Krebshilfe ist es ein Anliegen, Patienten dabei zu unterstützen. Aber auch immer wieder darauf hinzuweisen, dass sich viele Schicksale durch etwas so Einfaches wie eine Vorsorgeuntersuchung abwenden lassen.