Im Eiltempo zum Grenzpolizisten
Asyl. 250 junge Einsatzkräfte absolvieren österreichweit Sechs-Monats-Kurse. Lokalaugenschein in Krumpendorf
„Scheiß Bullen, schleichts euch!“Ein fluchender Mann wird von zwei Ordnungshütern unsanft zu Boden gedrückt und windet sich unter den kräftigen Armen der Polizisten. Er bekommt Handschellen verpasst, wird abgeführt. „Einsatz beendet“, sagt eine tiefe männliche Stimme aus dem Kreis mehrerer Uniformierter, die die Szene beobachten. Die Personen grinsen, klatschen ab. Es handelt sich um eine Übung, Schauspieler und Komparsen sind angehende Polizisten.
Wir befinden uns in der Polizeikaserne Krumpendorf am Wörthersee. Hier werden stets Ausbildungskurse für Polizisten abgehalten; zweijährige Kurse, wohlgemerkt. Heuer gibt es in acht Bundesländern zusätzlich geschrumpfte Sechs-Monats-Kurse, denn Österreich benötigt Grenzpolizisten. Und zwar rasch. Insgesamt 250 Beamte werden auf diese Art laut Auskunft des Innenministeriums mit 1. Juli für den Grenzeinsatz bereitstehen.
„Schnellkurs“. „Blitzausbildung“. Begriffe, die Oberst Edith Kraus-Schlintl, Leiterin des Bildungszentrums der Sicherheitsakademie in Krumpendorf, nicht gerne hört. „Es handelt sich um eine Basisausbildung, natürlich komprimiert und abgespeckt. Aber alle rechtlichen und praktischen Inhalte werden vermittelt – mit dem Hauptaugenmerk auf grenz- und fremdenpolizeiliche Aufgaben“, sagt KrausSchlintl. In zwei bis drei Jahren würden die Grenzpolizisten
Zusatzqualifikationen erhalten, um wie ihre Kollegen in sämtlichen Bereichen einsatzbereit zu sein.
Fokus: Einsatztraining
880 Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten stehen bei der „Lightvariante“statt der üblichen 2736 „Stunden“zur Verfügung. Zwangsläufig liegt somit der Fokus auf Grenzsicherung, Umsetzung von sicherheitspolizeilichen Maßnahmen und Kontrollen. „In Relation zur zweijährigen Ausbildung steht mehr Einsatztraining am Programm. Verhalten im Außendienst, Personenkontrollen, Anlegen von Handfesseln, Schusswaffengebrauch. Die Jungpolizisten benötigen möglichst rasch das Rüstzeug für die Praxis, damit sie selbst und das Gegenüber geschützt sind“, sagt Einsatztrainer Mario Proprentner.
Das bedeutet verstärktes Training mit Rollenspielen, die gefilmt werden. Proprentner: „Du lernst ganz anders, wenn dir ständig ein Spiegel vors Gesicht gehalten wird und du dein Verhalten im Einsatz selbst beobachten kannst.“Zur sechsmonatigen Ausbildung gehört ab sofort außerdem ein einwöchiger Praxisteil an einer Grenzdienststelle.
Ausbilderin Kerstin Roy sieht in der abgespeckten Variante „eine Umstellung und eine Herausforderung. Es gelingt, die wichtigsten Punkte in komprimierter Form zu vermitteln, auf die Bedürfnisse der einzelnen Schüler kann man natürlich nur im reduzierten Maß eingehen.“
Mehr Bewerber
Fühlt man sich als „halber“Polizist, wenn man vorerst nur ein Viertel der Schulungen absolviert? „Keineswegs. Wir werden Dienst verrichten wie jeder andere Polizist auch und den Rest der Ausbildung nachholen“, sagt Polizeischüler Gernot Dörflinger. „Wir haben für den Sechs-Monats-Kurs sogar mehr Bewerbungen als für bisherige Lehrgänge erhalten“, offenbart Kärntens Polizeisprecher Rainer Dionisio, dass der Job eines Grenzpolizisten ein begehrter ist. Jennifer Isop beispielsweise hat sich stets für die Polizeiarbeit interessiert, aber „erst jetzt getraut, zur Aufnahmsprüfung anzutreten.“Bisher arbeitete sie als Rechtsanwaltsassistentin. Schon im Juli wird die 25-Jährige im Grenzeinsatz stehen.