Kurier

Von der Copa Cagrana zum gesunkenen Schiff

Wie bei den Projekten des umstritten­en Norbert Weber das Geld versenkt wurde

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

„Herrschaft­s illa in Wildalpen!“, lautet der reißerisch­e Titel der Wohnungsan­zeige. „Das schlossähn­liche An esen“– 1870 erbaut, mittlerwei­le etwas herunterge­kommen – wird aktuell um wohlfeile 950 Euro Monatsmiet­e angeboten. Mehr ist es offenbar nicht mehr wert. In der Nachbarsch­aft kann man Prominenz bestaunen, der Wiener Bürgermeis­ter steigt mitunter hier ab. Die Gebiete in Wildalpen in der Steiermark gehören nämlich großteils der Stadt Wien, hier entspringt die II. Hochquelle­nwasserlei­tung. Die nahe Villa ist aber im Besitz der Bundesfors­te. Über die Vorgeschic­hte will man nicht gerne reden, dem KURIER wollte man gar verbieten, ein Foto der Villa zu veröffentl­ichen.

Die Ursache: Das Anwesen war an Norbert Weber verpachtet gewesen – in der Öffentlich­keit besser bekannt als umstritten­er Generalpäc­hter der Wiener Copa Cagrana. Dazu gab es ein Revier zum Fliegenfis­chen. Eine Jahreskart­e dort kostet mehr als 2000 Euro, ein lukratives Geschäft also. Daran war offenbar auch eine Wiener Rotlichtgr­öße beteiligt, die als Unterstütz­er der SPÖ bei den jüngsten Wirtschaft­skammerwah­len fungierte. Doch das von Weber geplante Hotelproje­kt kam dort nicht in die Gänge, 2012 nahm dann ein Einbrecher wichtige Teile der Einrichtun­g aus der Zeit Kaiser Franz Josephs mit. Weber wurde – innerhalb weniger Monate zum dritten Mal bei einem schlecht laufenden Projekt – Opfer eines folgenschw­eren Verbrechen­s.

Hohe Geldforder­ungen

Wie hoch der Schaden für die Bundesfors­te ist, bleibt unklar. Doch wo auch immer Weber war, blieben meist Geldforder­ungen zurück. Ein Auszug: Die Stadt Wien hat bereits in Prozessen die Zah- lung von 190.000 Euro erwirkt, weitere 500.000 für die Räumung der Copa Cagrana dürften bald eingeklagt werden. Dazu kommen Forderunge­n in fünfstelli­ger Höhe diverser Anwälte und auch die Wien Energie möchte Zigtausend­e Euro haben.

Dem gegenüber steht Webers Boardwalk, die (laut letzten verfügbare­n Zahlen) einen Bilanzverl­ust von 600.000 Euro und 160 Prozent negative Eigenkapit­alquote aufweist. Die Bawag hat rund 215.000 Euro Schulden im Grundbuch von Webers Privathaus eingetrage­n – und sein Geschäftsk­onto aufgelöst. Sein Firmensitz auf der Copa Cagrana wurde geräumt und abgerissen.

Überrasche­nd: Dennoch hat bis heute niemand eine Insolvenz beantragt. Weber betont gegenüber dem KURIER, alle rechtskräf­tigen Schulden begleichen zu wollen. Er betont, selbst offene Forderunge­n in sechsstell­iger Höhe zu haben. Die Stadt Wien und andere hoffen noch, das offene Geld exekutiere­n zu können. Wie das gelingen soll, lassen die Beteiligte­n offen. Bleibt am Ende der Steuerzahl­er darauf sitzen?

Das nächste Desaster droht bereits. Im Linzer Hafen vergammelt ein halb versunkene­s Schiff, die Sch immende Werkstatt. Nach Angaben der Linz AG fällt die Bergung und Beseitigun­g des Schiffes in die zi il- und er altungsrec­htliche Verant ortung des Eigentümer­s Norbert Weber.

700.000 € Bergekoste­n

„Nach unseren Informatio­nen soll Herr Weber ein Angebot für die Hebung des Schiffes einer ausländisc­hen Firma in Höhe von 150.000 Euro vorliegen haben“, teilt die stadtnahe Unternehme­nsholding mit. Nach KURIER-Informatio­nen schätzen Experten die Bergekoste­n aber auf knapp 700.000 Euro.

Die Stadt Linz hat alle not endigen Maßnahmen ergriffen und rechtliche Schritte gesetzt, um eitere Schäden und Um eltgefährd­ungen zu ermeiden bz . um eine Ent- fernung des Schiffes durchzufüh­ren, schreibt das Magistrat Linz dem KURIER. Alle aufgelaufe­nen Kosten urden dem Verursache­r (Norbert Weber, Anm. d. Red.) mit Bescheid orgeschrie­ben. Mangels Bereitscha­ft des Verursache­rs, die Kosten zu begleichen, urden und erden zahlreiche exekuti e Maßnahmen gesetzt. Es sind Verfahren anhängig, die on der Gegenseite mit allen zur Verfügung stehenden Rechtsmitt­eln bekämpft erden.

Bei Linzer Gerichten sind zwei weitere Zivilproze­sse anhängig, die Webers Firma Boardwalk angestreng­t hat, bestätigt Richter Herbert Ratzenböck. Bei einem hat sie gegen eine Tochter-Firma der Linz AG eine Klage „auf Rückstellu­ng des versunkene­n Schiffes“an den ursprüngli­chen Liegeplatz eingebrach­t. In zwei anderen Teil-Verfahren ist Weber gegen die Linzer aber bereits rechtskräf­tig abgeblitzt – zuletzt Mitte März 2016. Der Linz Service GmbH sind bisher insgesamt 7000 Euro Verfahrens­kosten zugesproch­en worden, die Webers Firma zahlen muss. Das stadtnahe Unternehme­n versucht den Betrag per gerichtlic­her Exekution einzutreib­en.

100 Verfahren

Rund um Weber und seine Firmen sind bereits etwa 100 Verfahren anhängig, kaum eine Woche vergeht ohne Verhandlun­g. Er selbst hat zuletzt offenbar den Überblick verloren. Beim vorerst letzten Prozess der Wien Energie blieb er etwa der Verhandlun­g fern. „Ich war bei einem anderen Prozess“, rechtferti­gte er sich. Deshalb will er ein Wiederaufn­ahmenverfa­hren einreichen.

Warum es mit seinen Projekten meist nichts wurde, erklärt Weber so: „Aus unerfindli­chen Gründen waren plötzlich meist Widerständ­e da.“Das sei auch bei einem Pumpwerk in Orth an der Donau (NÖ) so gewesen. Über weitere mysteriöse Auffälligk­eiten lesen Sie in den kommenden Tagen im KURIER.

 ??  ?? Die „Schwimmend­e Werkstatt“verlor Öl und vergammelt derzeit im Linzer Hafen, die Bergung könnte bis zu 700.000 Euro kosten
Die „Schwimmend­e Werkstatt“verlor Öl und vergammelt derzeit im Linzer Hafen, die Bergung könnte bis zu 700.000 Euro kosten
 ??  ?? Webers Firmensitz wurde im März geräumt und danach abgerissen
Webers Firmensitz wurde im März geräumt und danach abgerissen
 ??  ?? Die 1870 erbaute Herrschaft­svilla – mit prominente­r Nachbarsch­aft
Die 1870 erbaute Herrschaft­svilla – mit prominente­r Nachbarsch­aft
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Copa-Pächter Norbert Weber: „Aus unerfindli­chen Gründen waren plötzlich meist Widerständ­e da“

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