Kurier

Irmgard Griss punktet im bürgerlich­en Lager

Khol kontert. Im Interview mit Mikl-Leitner

- (siehe Grafik) VON JOHANNA HAGER UND IDA METZGER

Die ehemalige Höchstrich­terin Irmgard Griss kann trotz geringstem Wahlbudget bei den Wählern laut Umfrage punkten. Und das insbesonde­re bei der schwarz-bürgerlich­en Klientel. Ex-Wirtschaft­slandesrat und GrissLands­mann Herbert Paierl zählt ebenso wie Ex-ÖVPObmann Erhard Busek oder Ex-Landeshaup­tmannStell­vertreteri­n Elisabeth Zanon zu den Unterstütz­ern der Unabhängig­en. Der KURIER hat nachgefrag­t – und den ÖVP-Kandidaten Andreas Khol und die scheidende Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner zum Interview gebeten. Khol hält Umfragen für massive Stimmungsm­ache. Und Mikl-Leitner hält nichts davon, dass ihr Abgang aus der Bundesregi­erung das Hof burg-Wahlergebn­is von Khol beeinfluss­t.

Sie hat das geringste Budget, die wenigsten Plakate und keinen Parteiappa­rat hinter sich. Sie ist die einzige Frau, keine Politikeri­n und mischt ganz vorne mit: Irmgard Griss. Laut KURIER-OGMUmfrage gehört die einstige Höchstrich­terin dem Favoriten-Trio für die Hof burgWahl am Sonntag an. 22 Prozent der Befragten würden sie wählen. Damit rangiert Griss auf Platz 3 hinter dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer (24 Prozent) und Ex-Grünenchef Alexander Van der Bellen, der mit 25 Prozent auf Platz 1 liegt. Nicht nur für Politik- wie Medienbeob­achter ist dieses Umfrageerg­ebnis bemerkensw­ert.

Bemerkensw­ert schon deshalb, weil der auf seine Unabhängig­keit pochende Van der Bellen über 2,2 Millionen Euro an Wahlkampf-Budget verfügt, Hofer über knapp zwei Millionen Euro und Griss lediglich rund 845.000 Euro.

Überschätz­te Plakate?

Wie hat es Irmgard Griss mit rund der Hälfte an Spenden von Khol beziehungs­weise Hundstorfe­r geschafft, beide in Umfragen zu überholen? „Plakate und Werbeausga­ben sind nicht so wahlentsch­eidend wie viele glauben“, sagt Stefan Sengl von der PR-Agentur The Skills Group voraus. Sengl, der 2010 die Kampagne für Heinz Fischers Wiederwahl geleitet hat, verweist auf die „vielen Alleinstel­lungsmerkm­ale“von Griss: „Sie wird von keiner Partei unterstütz­t, ist keine Politikeri­n und eine Frau. Sie unterschei­det sich in so vielen Punkten von ih- ren Mitbewerbe­rn, dass sie automatisc­h weniger Aufwand betreiben muss, diese zu vermitteln.“Für OGMMeinung­sforscheri­n Karin Cvrtila ist Griss’ größter Vorteil „ihre Unabhängig­keit. Zudem profitiert sie von der Politik- wie Politikerv­erdrossenh­eit der Wähler. Das hat sie mit Van der Bellen und Hofer gemein.“Dass Griss ohne Parteiappa­rat hinter sich – sei es wie bei Hundstorfe­r die Gewerkscha­ft oder bei Khol die ÖVP-Bünde – zu mobilisier­en versteht, könnte auch einem anderen Umstand geschuldet sein – dem taktischen Wahlverhal­ten.

„Viele potenziell­e ÖVPWähler schätzen, dass Andreas Khol nicht in die Stichwahl kommt, wollen nicht Hofer oder Van der Bellen wählen und geben deshalb womöglich Griss ihre Stimme“, sagt Sengl zum KURIER. Verstärkt werde der „Fallbeil-Effekt“durch Griss’ Unterstütz­er aus dem bürgerlich­en Lager.

Ex-ÖVP-Obmann Erhard Busek etwa, der Khol attestiert­e „zu alt für das Gschäft“zu sein. Je näher der Wahltag rückt desto lauter werden diese Stimmen. Herbert Paierl, Ex-ÖVP-Wirtschaft­slandesrat aus der Steiermark, begründet auf KURIERNach­frage sein Engagement: „Leider ist mir Erwin Pröll als Kandidat abhandenge­kommen. Griss ist die einzige bür

gerliche Kraft, die die Chance hat, in die Stichwahl zu kommen. Sie ist entspannt, locker, aber präzise in der Analyse.“

Für Elisabeth Zanon, einst erste ÖVP-Landeshaup­tmann-Stellvertr­eterin in Tirol, zeigen die mehr als 800.000 Euro an Spenden, „wie groß der Wunsch der Bevölkerun­g ist, dass eine parteiunab­hängige Kandidatin in die Hof burg einzieht“.

Aus für Regierung?

Einen anderen Wunsch hegt PR-Expertin Gabi Spiegelfel­d: „Ich hoffe, dass es durch diese Wahl zu einer Sprengung der rot-schwarzen Koalition kommt. Mein Animo, mich für Griss zu engagieren war, dass die ÖVP den Wirtschaft­sstandort Österreich zerstört hat. Ich bin mit den Entscheidu­ngen der ÖVP restlos überforder­t, wo es nur mehr um persönlich­e Befindlich­keiten und Macht geht.“

Ex-FPÖ-, dann LIF-Politiker und jetzt Griss-Unterstütz­er Friedhelm Frischensc­hlager mutmaßt: „Nach dieser Wahl wird unsere Parteienla­ndschaft ordentlich ins Rutschen kommen. Hier ist es wichtig, dass eine Persönlich­keit, die wirklich unabhängig ist und wirklich über den Parteien steht, an der Spitze der Republik steht.“

„Spenden zeigen, wie groß der Wunsch ist, dass eine parteiunab­hängige Kandidatin in die Hofburg einzieht.“Elisabeth Zanon Ex-Landeshaup­tmann-Stv./Tirol „Leider ist mir Erwin Pröll als Kandidat abhandenge­kommen. Griss ist entspannt, locker, aber präzise in der Analyse.“Herbert Paierl Ex-ÖVP-Wirschafts­landesrat „Mein Animo, mich für Griss zu engagieren, war, dass die ÖVP den Wirtschaft­sstandort Österreich zerstört hat.“Gabi Spiegelfel­d PR-Expertin

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22 Prozent würden laut KURIER-OGMUmfrage Irmgard Griss ihre Stimme geben. Sie liegt damit auf Platz 3 hinter Van der Bellen (25 Prozent) und Hofer (24 Prozent)
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