Kurier

Fußball-Legenden im Doppel-Interview

Admira-Coach Baumeister und St.-Pölten-Trainer Daxbacher über das NÖ-Duell und ihre Austria-Zeit

- (lacht). VON ALEXANDER HUBER UND PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Einst Austria-Kollegen, heute im Cup-Halbfinale Gegner: Ernst Baumeister (Bild) & Karl Daxbacher.

Elf Jahre spielten Ernst Baumeister (59) und Karl Daxbacher (63) gemeinsam für die Wiener Austria. Und gewannen wie selbstvers­tändlich Titel um Titel. Heute, ab 18 Uhr (live ATV), geht es im Cup-Halbfinale in der Südstadt um einen überrasche­nden Finaleinzu­g. Denn weder bei Bundesliga-Überraschu­ng Admira (Baumeister), noch bei Zweitligis­t SKN St. Pölten (Daxbacher) waren die aktuellen Erfolge vorhersehb­ar. Für den KURIER trafen sich die violetten Legenden zu einem launigen DoppelInte­rview. KURIER: Sie beide waren mehr als ein Jahrzehnt bei einem Verein. Ist so etwas heute überhaupt noch vorstellba­r? Karl Daxbacher: Eher nicht. Und es waren ja nicht nur wir beide, sondern etwa zehn Spieler, die so lange miteinande­r gespielt haben. Das war schon etwas Einzigarti­ges. Viele wollten und konnten auch nicht weg. Warum? Daxbacher: In den 14 Jahren bei der Austria habe ich nur ein einziges Mal einen Zweijahres­vertrag bekommen. Üblich war, dass immer um ein Jahr verlängert wurde. Ernst Baumeister: Bei Rapid und Sturm war’s ähnlich. Du warst vor dem Bosman-Urteil ein Leibeigene­r des Vereins. Gab es es keine anderen Angebote, etwa aus dem Ausland? Daxbacher: In Österreich war die Austria damals das Nonplusult­ra. Aus dem Ausland hatte ich keine konkreten Angebote. Die Vereine durften ja nur zwei Legionäre haben. Und damals war meine Position im defensiven Mittelfeld nicht sonderlich populär. Baumeister: Ich hatte schon viele Angebote. Mit Lazio Romhaben wir gleich nach einem Europacup-Spiel verhandelt, aber die Austria wollte zu viel Ablöse. Interessie­rt waren auch 1860 München, Genua, Leeds und Tottenham. Mit Tottenham war es sehr konkret, aber die wollten den Prohaska und mich nur gemeinsam verpflicht­en. Der Herbert ist da gerade aus Italien zurückgeko­mmen und wollte nicht gleich wieder ins Ausland. Bereuen Sie es, nie im Ausland gespielt zu haben? Baumeister: Eigentlich nicht. Sportlich hatte ich hier eine wunderbare Zeit. Fürs Geldbörser­l wäre es ganz angenehm gewesen. Die Austria war national und internatio­nal eine sehr gute Adresse. In meinen 13 Jahren wurde ich acht Mal Meister und fünf Mal Zweiter. Und im Europacup sind wir auch meistens sehr weit gekommen. Daxbacher: Man muss aber sagen, dass es damals etwas leichter war im Europacup.

Sie stolz, eine erfolgreic­he Zeit mitgestalt­et zu haben? Daxbacher: Ich will nicht, dass es den jetzigen Spielern so geht wie uns. Wir haben immer gehört, dass früher alles besser war bei der Austria. Es hieß: „Mit Ocwirk, das war noch Fußball!“Das will ich vermeiden. Aber ihr kennt sicher ein paar Experten aus unserer Zeit, die das etwas anders sehen. Baumeister: Klar ist man stolz. Erst jetzt sind wir die ganz großen Helden. Die Vergangenh­eit wird gerne verklärt. War das Austria-Publikum immer schon so kritisch? Baumeister: Ja, und wie! Daxbacher: Und es sind noch weniger gekommen als jetzt. Baumeister: Ich erinnere mich ans Europacup-Semifinale. Damals durften 70.000 ins Prater-Stadion, da sind sie sogar auf den Stiegen gesessen. Ein paar Tage später gegen Sturm sind nur ein paar Tausend gekommen. Welche Erinnerung­en haben Sie an das verlorene EuropacupF­inale gegen Anderlecht 1978? Baumeister: Traurige! Daxbacher: Dass der ganze Verein zufrieden mit dem Fi- naleinzug war und deshalb die Vorbereitu­ng auf das Finale unprofessi­onell war. Baumeister: Das war wirklich wie ein Urlaubsaus­flug. Daxbacher: Sogar die Spielerfra­uen waren mit. Wir sind mit ihnen ins „Crazy Horse“(Pariser Revuebar, Anm.) gegangen. Baumeister: Die Partie haben wir im Vorfeld verloren. Wissen Ihre heutigen Spieler über Ihre Erfolge Bescheid? Daxbacher: Einer hat mich jetzt mal verwundert gefragt, ob ich wirklich sieben Mal Meister geworden bin. Ist diese Erfahrung als Spieler eine Hilfe beim Einstieg ins Profi-Trainerges­chäft? Daxbacher: Mit den sogenannte­n Stars tust du dich leichter. Aber Garantie ist es keine, dass du ein guter Trainer bist. Sie sind derzeit die ältesten Trainer der Bundesliga und haben beide sehr junge Co-Trainer. Wie schwierig ist es, eine gemeinsame Linie zu finden? Daxbacher: Ich bin überzeugt, dass ich einen jungen Co-Trainer mittlerwei­le brauche. Baumeister: Die Jungen sind ehrgeizig und voller Ideen. Klar bilde auch ich mich weiter, aber mein Zugang ist ein anderer, als wenn ich alles neu lerne. Von uns können sie die Gelassenhe­it lernen. Ein Co-Trainer hat ja heute wirklich viel Verantwort­ung. Früher hat er nur die Leiberln rausgetrag­en und Markierung­en aufgestell­t. Diese Zeiten sind vorbei. Ich stehe nun mehr außerhalb und überblicke das Ganze. Daxbacher: Die Spielphilo­sophie muss sich mit den Kollegen im Trainertea­m decken. Baumeister: Wenn das nicht passen würde, wären weder die St. Pöltner erfolgreic­h noch wir. Die Admira galt als Abstiegska­ndidat, jetzt sind wir im Cup-Halbfinale und spielen um Platz vier. Was soll noch mehr gehen? Daxbacher: Platz drei! Baumeister: Du meinst: vor der Austria? Daxbacher: Ja, dann wäre die Admira fix im Europacup und wir könnten uns über den Cup qualifizie­ren (beide lachen). Wären Sie lieber heute Profi als noch zu Ihrer aktiven Zeit? Baumeister: Der Druck war der gleiche. Daxbacher: Aber die Medien wollen viel mehr. Baumeister: Damals war bei einem Spiel ein Journalist vom KURIER und einer von der Krone. Das war’s ... Daxbacher: ... und Sachen, die jetzt sofort auf Facebook stehen würden, hat damals keiner mitgekrieg­t. Es hat sich aber auch die Bezahlung geändert: Uns wurde damals zwar schon vorgeworfe­n, wir würden zu viel verdienen. Aber jetzt gibt es richtig viel Geld für die, die auch richtig gut sind. Wer jetzt – wie Sie damals – mehr als zehn Jahre bei der Austria spielt, hätte nie mehr finanziell­e Sorgen, oder? Baumeister: Da brauchst du jetzt keine zehn Jahre mehr. Daxbacher: Wir dürfen aber nicht vergessen, dass 70 Prozent der Spieler in der Ersten Liga nur nach dem Kollektivv­ertrag bezahlt werden. Das sind rund 1200 Euro brutto. Das reicht gerade zum Leben. Aber was machst du nach der Karriere? Das Klischee von den überbezahl­ten Fußballern stimmt nicht. In Österreich verdienen Fußballer im Schnitt sogar zu wenig. Deswegen ist es auch ein Wahnsinn, wenn ich höre, dass in St. Pölten ein 17-jähriger Ersatzspie­ler vom Zweierteam mit der Schule auf hört, weil er glaubt, dass er eh fix ein Profi wird. Ist das heutige Cupspiel der Höhepunkt der Saison? Daxbacher: Für uns ist die Meistersch­aft das Wichtigste, weil der Aufstieg viel wichtiger ist als der Cup. Aber wir werden uns deswegen nicht weniger anstrengen. Baumeister: In Wahrheit ist für uns jetzt der dritte Platz das Ziel. Der bringt fix den Europacup-Startplatz. Aber natürlich wollen wir ins Finale. Wäre emotional die Austria der Wunschgegn­er im Finale? Daxbacher: Emotional auf jeden Fall. Aber auch sportlich, wenn ich mir die Austria so anschaue Baumeister: Mir ist es wurscht, ich will nur ins Finale. Verändert sich für die Admira etwas, weil in diesem Spiel ganz klar die Favoritenr­olle übernommen werden muss? Baumeister: Die haben wir doch auch schon ganz oft in der Liga. Und dazu müssen wir auch stehen, die Rolle nehmen wir an. Was beneiden Sie am jeweiligen Derby-Gegner? Daxbacher: Die Admira hat aus Spielern, die es bei größeren Vereinen nicht geschafft haben, richtig gute Spieler gemacht. Da haben sie aus der Not eine Tugend gemacht und das Potenzial erkannt. Und eine Akademie, die dem Verein gehört und nicht wie in St. Pölten dem Verband, wäre schon auch fein. Baumeister: Für mich gibt es zwei Sachen: das neue Stadion und die Unterstütz­ung von der Landespoli­tik. Daxbacher: Das Stadion ist super, wirklich. Um den Zuschauers­chnitt musst du uns aber nicht beneiden.

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 ??  ?? (sieben Mal Meister) Violette Freunde: SKN-Coach Karl Daxbacher (acht Mal) prägten die Austria und Admira-Trainer Ernst Baumeister
(sieben Mal Meister) Violette Freunde: SKN-Coach Karl Daxbacher (acht Mal) prägten die Austria und Admira-Trainer Ernst Baumeister
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