Kurier

Frauen verlassen

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nicht Sinn einer Kommune, die Freiheit des anderen einzuschrä­nken. Sie ist es, die Eric den Raum gibt, um mit seiner Geliebten zu leben. Sie opfert sich für die Kommune. Aber letztlich funktionie­rt es nicht und sie geht daran zugrunde. Sie ist es, die ausziehen muss. Und es ist ihre Tochter Freya, die letztlich diese Verantwort­ung für ihre Mutter übernimmt und ihr sagt, dass sie gehen soll. Das halten Sie für realistisc­h? Dass die Tochter die eigene Mutter aus der Kommune hinauswähl­t?

Aber ja, zu der damaligen Zeit war das so. Ich habe oft erlebt, wie Kinder die Verantwort­ung für ihre Eltern übernahmen. Kinder wurden wie Erwachsene behandelt – mit Respekt. Außerdem gab es Kommunen – nicht meine, aber andere – wo Drogen im Spiel waren. Und da haben sich die Kinder um die Eltern gekümmert. Welche Figuren in der „Kommune“stehen Ihnen am nächsten?

Ich konnte mich mit allen sehr gut identifizi­eren. Mit Anna, weil sie die Tapferste ist und ihre eigene geistige Gesundheit der Gemeinscha­ft opfert. Ich identifizi­ere mich aber auch mit ihrem Ehemann Eric, weil ich auch eine Scheidung hinter mir habe – und meine neue Frau diejenige ist, die die Geliebte im Film spielt. Das ergibt viel Identifika­tionsf läche. Aber am meisten steht mir Freya nahe: Sie hat ungefähr das Alter, das ich damals hatte und ihr wird viel Verantwort­ung übertragen. Sie agiert sehr reif, während die Erwachsene­n kindisch und naiv herumexper­imentieren. Wie schätzen Sie Eric ein, der das ganze Drama auslöst?

Ich glaube, er versucht sich selbst davon zu überzeu- gen, dass das Leben eben manchmal so läuft – und bis zu einem gewissen Punkt hat er auch recht. Das Leben ist brutal. Menschen werden ersetzt. Und besonders Männer ersetzen ihre Frauen durch jüngere Frauen. Darüber wird nicht gerne gesprochen, aber so ist es. Alle machen es so, überall. Er weiß das, aber trotzdem fühlt er sich schuldig – weil es so zynisch ist. Fühlen Sie sich schuldig?

Oh ja, das tue ich. Dieser Film ist zu einem Großteil wie eine Beichte. Ich habe dasselbe getan und es war brutal. Ich war zwanzig Jahre verheirate­t und habe meine Frau für eine Jüngere verlassen. Ich versuche trotzdem, meinen Kindern beizubring­en, dass Kontinuitä­t sehr wichtig ist und dass es einen sehr guten Grund geben muss, sich zu trennen. In meinem Fall gab es diesen triftigen Grund. Ich werde ihn jetzt nicht verraten, aber es gab ihn.

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