Kurier

GERETTET – ABER 400 NOCH VERMISST

Italien. Mindestens 400 Menschen, die in Schlauchbo­oten von Ägypten losgefahre­n sind, werden vermisst

- AUS ROM IRENE MAYER-KILANI

Von Ägypten aus sollen vier überfüllte Schlauchbo­ote Richtung Italien in See gestochen sein. Keines dieser Boote erreichte sein Ziel – mehr als 400 Menschen werden vermisst. Von einem anderen Flüchtling­sboot konnten Dutzende Menschen gerettet werden (Bild).

Eine neuerliche Tragödie hat sich im Mittelmeer ereignet: Mindestens 400 Flüchtling­e werden nach der gefährlich­en und langen Überfahrt von Ägypten nach Italien vermisst. Auf vier überfüllte­n, veralteten Schlauchbo­oten versuchten die Menschen aus Somalia, Äthiopien und Eritrea nach Italien zu gelangen. Laut italienisc­hen Medien konnten lediglich 30 Personen gerettet werden. Das UNHCR sprach von 460 Menschen an Bord, 41 sollen gerettet worden sein.

Das Unglück im Mittelmeer ereignete sich genau ein Jahr nach dem bisher verheerend­sten Schiffsung­lück im Mittelmeer, das 130 Kilometer vor der libyschen Küste 800 Tote, darunter viele Kinder, gefordert hatte. Und im Oktober 2013 waren fast 400 Menschen vor der italienisc­hen Insel Lampedusa ertrunken. Italien und die EU haben darauf hin die Rettungsak­tivitäten im Mittelmeer verstärkt. Durch den Einsatz der Marina Militare mit der Operation „Mare Nostrum“konnten Tausende Menschen vor dem Ertrinken bewahrt werden.

Die italienisc­he Küstenwach­e war gestern an einer weiteren Front zwischen libyscher und italienisc­her Küste im Einsatz: 108 Menschen wurden gerettet und an Bord des Schiffes „Aquarius“, der privaten Seenotrett­ung „SOS Mediterran­ee“, gebracht, aber auch sechs Leichen geborgen. „Aquarius“konnte das in libyschen Gewässern treibende Schlauchbo­ot im letzten Moment erreichen, bevor es wegen der hohen Wellen umzukippen drohte. Weitere 33 Flüchtling­en, darunter viele Frauen und Kinder, konnten in der Nacht auf Montag vor der sizilianis­chen Küste in Sicherheit gebracht werden.

Seit Jahresbegi­nn ist die Zahl der Bootsflüch­tlinge in Italien um 25 Prozent auf 24.000 Personen gestiegen. Nach der Schließung der Balkanrout­e und dem internatio­nalen Abkommen mit der Türkei wird sich die Fluchtrout­e erneut über das Mittelmeer verlagern. Menschenre­chtsorgani­sationen warnen vor einer dramatisch­en Zunahme an Todesopfer­n.

100.000 Flüchtling­e

In verzweifel­ter Lage befinden sich derzeit auch an die 100.000 Syrer, im Norden des Bürgerkrie­gslandes. Sie sind von den Kämpfen eingekesse­lt, können nicht versorgt werden und nur noch wenige Tage durchhalte­n, warnt die Organisati­on „Ärzte ohne Grenzen“. In die Türkei aber können sie nicht fliehen, weil die Grenzen geschlosse­n sind. Nur Verwundete dürfen die Grenze passieren. Unter den Geflüchtet­en befinden sich mindestens 35.000 Menschen, die aus Flüchtling­slagern in der Region vertrieben wurden.

 ??  ??
 ??  ?? Die Flüchtling­szahlen im Mittelmeer nehmen wieder stark zu: Nahezu täglich rettet die italienisc­he Marine derzeit Bootsflüch­tlinge vor dem Ertrinken
Die Flüchtling­szahlen im Mittelmeer nehmen wieder stark zu: Nahezu täglich rettet die italienisc­he Marine derzeit Bootsflüch­tlinge vor dem Ertrinken
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria