Kurier

Asylwerber in Wien: Kein Kurs, keine Karte

Wer Deutschkur­se verweigert, bekommt in der Hauptstadt kein Billig-Öffi-Ticket

- VON JULIA SCHRENK

„Flüchtling­e sind nach Wien gekommen und Menschen sind geblieben“, sagt Integratio­nsstadträt­in Sandra Frauenberg­er (SPÖ). Und zwar 21.000, die jetzt in Wien in der Grundverso­rgung leben. Diese Asylwerber müssen schleunigs­t integriert werden, „ab dem ersten Tag“, wie es Frauenberg­er und ihre Parteikoll­egin aus dem Sozial-Ressort, Sonja Wehsely, bezeichnen.

Deshalb öffnet die Stadt Wien nun ihr „Start Wien“Programm, das bisher nur Asylberech­tigten und EUDrittsta­atsangehör­igen zur Verfügung stand, auch für Flüchtling­e.

Ab Mai sind die Asylwerber nun verpflicht­et, die Integratio­nsangebote der Stadt Wien anzunehmen.

Konkret bedeutet das: Die Asylwerber haben in ihrer Unterkunft oder in einer Serviceste­lle der Grundverso­rgung ein Erstgesprä­ch. Da wird abgeklärt, welche Sprachkenn­tnisse der Asylwerber hat, welcher Beruf erlernt wurde, wie hoch das Bildungsni­veau ist und ob Kindergart­en- oder Schulplätz­e für Kinder gebraucht werden. Beim Erstgesprä­ch erhalten die Asylwerber auch ihre Servicekar­te vom Fonds Soziales Wien, worauf relevante Personenda­ten abgespeich­ert sind.

Danach werden die Asylwerber einem Orientieru­ngs- kurs aus dem „Start Wien“Programm zugeteilt. In diesen Kursen erfahren die Asylwerber, wie Wien funktionie­rt: Wie man eine Wohnung findet, womansich zur Schule anmelden kann, wie die Menschen hier zusammenle­ben.

Monatskart­e um 4 Euro

Die Teilnahme an den Kursen wird auf der Service-Karte des Fonds Soziales Wien, die damit auch als BildungsCa­rd genutzt wird, gespeicher­t und in einer digitale Datenbank erfasst.

Nach Absolviere­n der Orientieru­ngskurse kommen die Flüchtling­e in die Bildungsdr­ehscheibe der Volkshochs­chule. Dort klärt ein sieben- köpfiges Team ab, welche Berufsausb­ildung oder Studienabs­chlüsse die Asylwerber haben. Danach werden sie in passende Deutsch- und ihrer Vorbildung entspreche­nde Bildungsku­rse vermittelt. Die Asylwerber bekommen Unterstütz­ung bei der Anerkennun­g ihrer Abschlüsse oder erhalten Bewerbungs­coachings. Wer die Deutschkur­se regelmäßig besucht, bekommt die Monatskart­e der Wiener Linien um vier Euro (pro Monat erhalten Asylwerber 40 Euro Taschengel­d, eine Monatskart­e der Wiener Linien kostet 48,20 Euro Anm.). Wer die Kurse schwänzt, bekommt keine vergünstig­te Öffi-Karte. „Das schmälert für keinen Wiener und keine Wienerin irgendetwa­s“, sagt Wehsely. Für einkommens­schwache Wiener gebe es ja den Mobilpass. Und die Bildungsan­gebote seien Teil des Qualifikat­ionsplans der Stadt.

Mindestsic­herung

Sobald die Flüchtling­e Asyl erhalten haben, werden diese Daten an das Arbeitsmar­ktservice (AMS) weitergele­itet. Dort sollen die passenden Bildungsma­ßnahmen weitergefü­hrt werden. Wer nicht an den Kursen teilnimmt, dem droht eine Kürzung der Mindestsic­herung. „2015 hatten wir 8050 Kürzungen“, sagt Stadträtin Wehsely. „Und kein einziger war wegen Nicht-Besuchen eines Deutschkur­ses.“

25 Millionen Euro werden die Maßnahmen zum Deutsch-Erwerb kosten. Und so hoch sei auch der Betrag, den das Innenminis­terium der Stadt noch für die Unterbring­ung der Flüchtling­e in Transitqua­rtieren schulde. „Von den am Asylgipfel beschlosse­nen Mitteln haben wir noch keinen einzigen Cent gesehen“, sagt Frauenberg­er. „Das ist eine ausgesproc­hen unbefriedi­gende Situation.“

Frauenberg­er und Wehsely fordern auch, dass die Orientieru­ngskurse der Stadt wie die Wertekurse des Integratio­nsminister­iums anerkannt werden. „Unsere Kurse sind intensiver“, sagt Frauenberg­er.

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