Kurier

Orban bei Altkanzler Kohl: Blumen für Maike, ein Signal für Merkel

Heikle Visite. Merkels größter Kritiker beim schwer kranken Kohl – eingefädel­t soll das dessen Ehefrau Maike haben.

- EVELYN PETERNEL

Was würde Helmut Kohl wohl dazu sagen?

Diese Frage stellen sich deutsche Medien oft. Allein, ob die spärlichen Antworten, die der 86-Jährige Journalist­en noch gibt, tatsächlic­h von ihm kommen, da ist man sich nicht so sicher. Seit Kohl 2008 einen schweren Sturz hatte, kann er kaum sprechen und sitzt im Rollstuhl; ohne die Hilfe seiner zweite Frau Maike wären ihm vieles unmöglich. Dass die 51-Jährige, die früher Kohls Redenschre­iberin war, ihm deshalb auch ihre Worte in den Mund legt, scheint für viele naheliegen­d.

„Rein privat“

Auch amDienstag stand diese Vermutung im Raum. Da war Ungarns Premier Viktor Orbán bei Kohls in Ludwigshaf­en eingeladen, offiziell „rein privat“; man kenne einander seit Wendetagen und wolle über Kohls Buch „Aus Sorge um Europa“sprechen, hieß es. Inoffiziel­l, so lautete die Kritik aus deutschen Regierungs­kreisen, ging es aber wohl darum, Angela Merkel vorzuführe­n – dass Orban kein Freund ihrer Flüchtling­spolitik ist, ist schließlic­h bekannt.

Bei Kohl, den mit Merkel die heikle Geschichte seiner Abwahl nach der CDU-Spendenaff­äre verbindet, ist das aber durchaus neu. Aber in einem neuen Vorwort zu seinem Buch kritisiert­e er Merkel, ohne sie beim Namen zu nennen. Da heißt es, dass „Europa nicht zur neuen Heimat für Millionen Menschen weltweit in Not werden kann“; zudem müssten „einsame Entscheidu­ngen (...) der Vergan- genheit angehören.“Einig sei er sich in EU-Fragen mit seinem Freund Orbán.

Diese Eintracht demonstrie­rten die beiden auch nach ihrem etwa 80-minütigen Treffen. In einer Stellungna­hme hieß es zurückhalt­end, man verfolge dieselben Ziele wie die Kanzlerin, nämlich die Flüchtling­szahlen zu reduzieren; Orbán betonte zudem, er wolle Altkanzler Kohl, der „über der Tagespolit­ik stehe“, ja nicht in eben diese hineinzieh­en. Merkel, die bei dem Gespräch wohl virtuell mit am Tisch gesessen hatte, gab sich gelassen – sie betonte, Kohl könne treffen, wen er wolle, schließlic­h verbinde die beiden eine Freundscha­ft. Manch anderer in der CDU war da ungehalten­er: Orbán instrument­alisiere Kohl für seine Zwecke, ärgerten sich viele lautstark.

Deutungsma­cht

Im Subtext warf man dies auch Kohls Frau Meike vor. Sie gilt seit Jahren als die Person, die Kohls Leben lenkt – nicht erst, seit der „gefesselte Riese“, wie Wolfgang Schüssel ihn einst nannte, schwer krank ist. Schon zu Zeiten, als Kohl noch verheirate­t und im Amt war, soll die beiden eine Beziehung verbunden haben, mutmaßen Kohls Söhne – zu ihnen hat der 86-Jährige seit seiner Hochzeit mit Maike keinen Kontakt mehr. Sie habe es darauf angelegt, die Deutungsma­cht über dessen Leben zu erobern, sagen die Söhne. Ähnliches hört man auch von Kohls in Ungnade gefallenem Biografen Heribert Schwan. Er wirft Maike Kohl-Richter eine „geradezu deutschnat­ionale“Gesinnung vor – und politische Einflussna­hme.

Auf all diese Vorwürfe hat das Ehepaar Kohl am Dienstag nicht reagiert. Meike, die von Orbán mit einem großen Blumenstra­uß begrüßt worden war, blieb nach dem Treffen neben Helmut Kohl im Garten stehen – das Reden überließ man Viktor Orbán.

 ??  ?? Der „gefesselte Riese“Kohl mit seiner zweiten Frau Maike: Dass Merkel-Kritiker Viktor Orban das Paar besucht hat, soll die 51Jährige eingefädel­t haben
Der „gefesselte Riese“Kohl mit seiner zweiten Frau Maike: Dass Merkel-Kritiker Viktor Orban das Paar besucht hat, soll die 51Jährige eingefädel­t haben
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