Kurier

„Facebook gehört aus Europa verbannt“

The Pirate Bay. Der Gründer des Filesharin­g-Dienstes spricht sich gegen Facebook und Zensur im Netz aus.

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Peter Sunde ist ein schwedisch­er Unternehme­r und Software-Entwickler, der weltweit als Internet-Aktivist bekannt wurde. 2003 gründete Sunde mit „The Pirate Bay“nämlich eine Torrent-Suchmaschi­ne, die den Tausch von Dateien ermöglicht­e. Diese Plattform für Filesharin­g war lange Zeit die größte und bekanntest­e im Netz. Sunde wurde in Schweden wegen Beihilfe zu Verstößen gegen das Urheberrec­ht angeklagt und musste ins Gefängnis. Er gründete zudem mit Flattr einen Dienst im Netz, mit dem Nutzer freiwillig für Online-Medienange­bote zahlen können.

Der KURIER traf den Entwickler auf der WeAreDevel­opers-App-Konferenz zum Interview. KURIER: In Österreich wird The Pirate Bay geblockt. Haben Sie davon gehört? Peter Sunde: Ja, aber ich hatte es schon wieder vergessen. Ich verfolge das nicht mehr aktiv. Jedes Mal, wenn wir einen Fall zu InternetSp­erren sehen, führt der automatisc­h zum nächsten Fall mit Internet-Sperren. Zuerst geht es um Pornos, dann Glücksspie­l und Filesharin­g und plötzlich kommt der rutschige Pfad in Richtung Zensur von Meinungsfr­eiheit. Dabei sollten wir aus der Geschichte gelernt haben, dass das kein guter Weg ist, mit sensiblen Themen umzugehen. In der EU werden derzeit Wege debattiert, wie man mit Hass im Netz umgehen soll. Wer beurteilt eigentlich, was ein Hasspostin­g ist?

Genau das ist das Problem. Wenn man sich die aktuelle Situation in Europa ansieht, gibt es da sehr viele rechte Parteien, die an die Macht kommen. Wenn diese genug Macht haben, dürfen sie auch darüber bestimmen, was zensiert wird und was nicht. Deshalb müssen wir uns generell dafür einsetzen, dass man im Internet gar nichts blockieren darf. Wie soll man mit Hasspostin­gs umgehen?

Das Problem mit den Hasspostin­gs muss man dort bekämpfen, wo es entsteht und zwar, indem man die Menschen für das, was sie posten, belangt. Statt derartige Postings zu blockieren, muss man die Personen vor Gericht bringen. Dafür sind aber nicht die Internet-Betreiber zuständig. Sie gelten als Pessimist, was die Entwicklun­g des Internets in Richtung Zentralisi­erung betrifft. Ist da gar nichts mehr zu retten?

Ich würde eher sagen ich bin Realist. Ich glaube nicht, dass wir jemals wieder ein freies, offenes, unzensiert­es Internet haben werden. Wenn Menschen wie Mark Zuckerberg davon reden, ist das nichts als ein PR-Stunt. Das ist wie bei McDonald’s. Die Burger schauen auf den Bildern immer gut aus, aber in Wirklichke­it sind sie ganz anders. Das passiert auch mit dem Internet. Ein Mensch wie Max Schrems, der in Europa gegen Facebook kämpft, hat keine Chance, etwas zu verändern?

Ich glaube nicht, dass man Facebook ändern kann. Das einzige, was man in Europa machen könnte, wäre, Facebook zu verbannen. Das wird aber nicht passieren. Aber das wäre der einzige Weg, die Kontrolle über die Privatsphä­re zurückzuer­langen. Das klingt radikal.

Keine Technologi­e ist schwarz oder weiß. Wenn man aber eine Software oder Plattform kreiert, sollten die Daten den Menschen gehören und nicht der Plattform. Wenn man Menschen fragt, wer die Daten besitzen sollte, sagt keiner „die Internetpl­attform“. Was wir daher brauchen, wäre Interopera­bilität. Sie haben mit Flattr ein eigenes Start-up gegründet. Wie geht es damit weiter?

Flattr bekommt einen neuen Partner, den ich Anfang Mai präsentier­en werde. Dazu kann ich derzeit nicht mehr sagen. Bisher war für uns die Zentralisi­erung des Internets auf wenige Plattforme­n ein großes Problem. Das wird sich verbessern. Was halten Sie vom Trend zum Streaming?

Streaming hat eines gemacht: Den Besitz von Kultur zu zentralisi­eren. Ich habe aufgehört, Spotify zu verwenden, als plötzlich über Nacht mehrere Titel von meiner Playlist verschwund­en sind, weil die Lizenzen dafür entzogen wurden. Jemand anderes hat für mich entschiede­n, was für Musik ich hören kann und welche nicht. Ich will das nicht. Vielleicht haben wir in fünf Jahren einen neuen Filesharin­gKampf, weil jeder, der diese Dienste nutzt, drauf kommt, dass es vielleicht doch nicht großartig ist, über die Inhalte selbst keine Kontrolle zu haben. Werden Sie daran mitwirken?

Ich habe interessan­tere Dinge zu tun. Man kann einen Kuchen nicht unendlich oft essen. Es kann der beste Kuchen der Welt sein, aber irgendwann hat man genug davon. Würden Sie The Pirate Bay noch einmal machen?

Ja, ich bin stolz darauf.

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