Warum Muttermilch so gesund ist
Superfood. Druck auf Frauen, die nicht stillen können oder wollen, ist allerdings kontraproduktiv
Sabine macht sich Vorwürfe – sie legt ihr Baby an ihre Brust, aber es kommt zu wenig Milch heraus. Ihr Kind schreit vor Hunger, Sabine ist verzweifelt, überfordert, gerät in eine Wochenbettdepression. „Jede Mutter fühlt sich schlecht, wenn sie ihr Kind nicht ernähren kann“, erklärt Petra Welskop, Präsidentin des Österreichischen Hebammengremiums. Zumal es immer wieder heißt, wie gesund Muttermilch ist.
Aktuell haben Forscher der Universität Zürich einen Artikel zum „Superfood Muttermilch“herausgebracht, in dem sie mehrere Studien zu dem Thema untersucht haben. Demnach besitzt der Mensch mit mehr als 200 verschiedenen Zucker-Molekülen die komplexeste Muttermilch aller Säugetiere. Stillen reduziert die Säuglingssterblichkeit und schützt vor Infektionskrankheiten.
Wirkungsweise
In den ersten Wochen nach der Geburt bildet jede Brust im Schnitt 450 Gramm Milch pro Tag. Nach 18 Monaten können es noch immer 200 Gramm täglich sein, berichten die Forscher. Neben der Ernährung des Kindes sorgen die Zucker-Moleküle für die Besiedelung des bis dahin keimfreien Darms des Neugeborenen. Im Laufe der Stillzeit verändert sich die Zusammensetzung der ZuckerMoleküle und damit auch die Bakterienmischung, das Mikrobiom im Darm. Das hat sowohl Einfluss auf die Darmgesundheit, als auch auf die Entstehung von Übergewicht und Asthma.
Während am Anfang der Stillzeit das Immunsystem aufgebaut wird, sinken die mütterlichen Antikörper in der Milch nach etwa einem Monat drastisch – dafür nimmt der Fettanteil zu, um das Wachstum des Babys zu begünstigen.
Holt man sich vor der Geburt ausführliche Beratung, lässt man sich von Anfangs- schwierigkeiten beim Stillen weniger verunsichern, betonen Welskop wie auch der Neonatologe DDr. Peter Voitl: „Man muss das Stillen genauso lernen wie alles andere auch – da darf man sich nicht entmutigen lassen, wenn es nicht gleich klappt. Alle Kinder nehmen nach der Geburt zuerst einmal ab.“Laut der Hebamme habe frühzeitige Auf klärung wie etwa durch die gratis Hebammenberatung in der 18. bis 22. Schwangerschaftswoche gezeigt, dass Frauen dadurch länger stillen.
Schadstoffe
Sorge haben viele Frauen auch vor Schadstoffen wie Schwermetallen, Pestiziden oder Stoffe mit hormonähnlicher Wirkung, die über die Mutterbrust an den Säugling weitergegeben werden könnten. Bei begründeter Sorge gibt es laut die Möglichkeit, die Muttermilch beim Milch- wirtschaftsfonds auf chemische Belastungen untersuchen zu lassen.
Allerdings sollte generell niemand zum Stillen verpflichtet werden. „Wenn der psychische Druck so überwiegt, dass es keine positive Stillbeziehung ist, muss man sich etwas anderes überlegen bevor Mutter und Kind Schaden nehmen. Je entspannter man ist, desto besser funktioniert es.“Manche Frauen wollen auch von vorn- herein nicht stillen – etwa, weil sie Brust-Implantate haben. Auch solche Entscheidungen müsse man respektieren.
Besonders bei der Verwendung von Formula-Nahrung sei jedoch fachkundige Beratung wichtig, „besonders, wenn bei der Mutter etwa Allergien vorliegen, muss man auf eine spezielle Zusammensetzung der Säuglingsnahrung achten“, sagt Welskop.