Kurier

Gewaltanst­ieg in Gefängniss­en

Attacken. Angriffe auf Justizwach­ebeamten in einem Jahr verdoppelt. Gewerkscha­ft fordert strengere Strafen

- VON Generaldir­ektor Justiz Justizwach­e-Gewerkscha­ft

Sogar in der U-Haft attackiert­e einer der drei afghanisch­en Jugendlich­en, die kürzlich eine Studentin am Wiener Praterster­n vergewalti­gt hatten, eine Justizwach­ebeamtin. Kein Einzelfall mehr in den 27 österreich­ischen Haftanstal­ten.

Christian Kircher, Gewerkscha­ftsvorsitz­ender der Justizwach­ebeamten (JW) und seit 35 Jahren im Strafvollz­ug tätig, schlägt Alarm: „Körperlich­e Angriffe auf Kollegen durch Häftlinge haben sich in einem Jahr mehr als verdoppelt. Die tätlichen Angriffe stellen ein alarmieren­des Zeichen dar.“Waren 2014 noch 47 Attacken aktenkundi­g, kletterte die Zahl der Zusammenst­öße im Vorjahr auf 109. Kircher: „Dabei erlitten 47 Beamte Verletzung­en, 34 davon mussten zum Teil mehrere Wochen lang in den Krankensta­nd.“Bänderriss­e, Armbrüche, schwere Prellungen und übliche Kampf-Blessuren sind die Folge der wachsenden Gewalt in den Haftanstal­ten. Einem JW-Beamten wurde in Salzburg sogar ein Brotmesser aus Metal (mit abgerundet­er Spitze) an den Hals gehalten.

Forderunge­n an Minister

Kircher forderte im KURIERGesp­räch Maßnahmen durch das Justizmini­sterium: „Strenger Hausarrest, Einzelhaft und das sofortige Streichen aller Haftvergün­stigungen. Als Gewerkscha­ft erwarten wir ein Signal vom Minister. Sicherheit muss ihm ein Anliegen sein.“

Doch das Justizmini­sterium lehnt eine verschärft­e Gangart ab: „Eine de facto Verhängung der Höchststra­fe bei Übergriffe­n ist mit der gesetzlich­en Grundlage des Strafvollz­uges nicht vereinbar. Die Fälle müssen individuel­l behandelt werden.“Eine Analyse der zuständige­n Justiz-Generaldir­ektion zeigt, dass Attacken auf JWBeamte großteils in baulich alten Haftanstal­ten passieren (siehe rechts). Generaldir­ek- tor Erich Mayer: „Selbstvers­tändlich ist es wichtig, die Sicherheit der Bedienstet­en zu gewährleis­ten. Ein wesentlich­er Ansatz sind hier die laufenden Modernisie­rungsmaßna­hmen. Auch in die Ausrüstung. Wir werden die weitere Entwicklun­g jedenfalls genau beobachten.“

Für Gewerkscha­fter Kircher ist das zu wenig: „Die Lage in den Anstalten spitzt sich zu. Immer häufiger weigern sich Häftlinge in Werkstätte­n zu arbeiten. Sie liegen und sitzen den ganzen Tag nur herum. Das Aggression­spotenzial steigt. Angriffe kommen überrasche­nd und aus dem Hinterhalt. Das gehört mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und in aller Härte abgestellt.“So fordert Kircher, dass nach Attacken auf JW-Beamte der strenge Hausarrest (keinerlei Vergünstig­ungen wie TV oder Sport bis hin zur Einzelhaft) im Höchstausm­aß von vier Wochen verhängt werden soll: „Ein Erlass in diese Richtung wäre ein Zeichen des Ministers.“

Doch die Sprecherin von Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er, Britta TichyMarti­n winkt ab: „Mit einem Erlass betreffend Höchststra­fe vorzugehen, ist mit unseren rechtsstaa­tlichen Grundfeste­n nicht vereinbar. Bei der Strafzumes­sung sind immer die Umstände des konkreten Einzelfall­es zu berücksich­tigen.“

8850 Häftlinge

Aktuell sitzen 8850 Häftlinge ein. Die 3100 JW-Beamte sollen in den kommenden zwei Jahren um 180 Kollegen aufgestock­t werden. Für Kircher zu wenig: „Denn die Häftlingsz­ahl wird stärker ansteigen. Viele von uns haben im Dienst bereits Angst.“

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