Wenn Angst die Hoffnung besiegt
Kanzlerwechsel. Österreich rutscht ab, und das befeuert die FPÖ. Dem Neuen muss eine Trendumkehr gelingen
Bei allem Verständnis für die Krämpfe in der SPÖ: Es geht nicht um die Arbeitsplätze von ein paar SPÖ-Politikern, sondern um die Arbeitsplätze der Österreicher.
Das SPÖ-nahe IFES-Institut hat bereits vor sechs (!) Jahren den SPÖ-Granden klipp und klar gesagt, was sich abspielt: In einer Feinanalyse Wiens fanden die Sozialforscher heraus, dass die Abstiegsängste in der Bevölkerung den Zulauf zur FPÖ befeuern Und dass diese Abstiegsängste voll den Mittelstand erfasst haben. „Es herrscht ein dumpfes Gefühl der Angst“, formulierte IFES- Gründer Karl Blecha anlässlich des 50. IFES- Geburtstags im Juni 2015. Seither hat sich nichts geändert. Die Regierung schafft es nicht, diesen Ängsten zu begegnen. Ein Auszug aus Rankings der letzten zwölf Monate:
Beim Test von 75.000 Volksschülern stellte sich heraus, dass 15 % der Kinder die Bildungsziele in Deutsch eklatant verfehlen. Im Wettbewerbs-Radar von Deloitte sank Österreich zum 3. Mal in Folge ab. Bei Standortfaktoren liegt Österreich bei nur mehr 2,86 von fünf möglichen Punkten.
Österreich fällt im EUVergleich nicht nur bei der allgemeinen Arbeitslosigkeit, sondern auch bei der Jugendarbeitslosigkeit auf den sechsten Platz zurück.
Das Wirtschaftsklima ist in Serbien und Bosnien besser als in Österreich, erhob kürzlich. Die Investitionslust liegt darnieder.
Das wirkt sich auf die Arbeitnehmer aus: Laut Arbeiterkammer Oberösterreich stürzt der Arbeitsklima-Index ab, viele Beschäftigte hätten „resigniert“und sehen ihre Chancen im Berufsleben pessimistisch.
Nicht nur bei der Bildung und in der Wirtschaft zeigen die Indikatoren nach unten. Unter anderem wegen des massiven Geldflusses von der Regierung in Boulevardmedien ist Österreich bei der Pressefreiheit um vier Plätze auf Rang 11 zurückgefallen.
Beim Gesundheits-Wissen der Jugendlichen liegt Österreich europaweit auf dem vorletzten Platz. Vor allem bildungsfernen und sozial benachteiligten Jugendlichen mangelt es an Gesundheitskompetenz – nebenbei bemerkt, ein krasses Versagen von SPÖ-geführten Ministerien (Bildung & Gesundheit).
Zuletzt trudelte am vergangenen Freitag auch noch ein niederschmetterndes Zeugnis über Frauenchancen auf dem heimischen Arbeitsmarkt ein: Unter 33 OECD-Ländern liegt Österreich nur auf Rang 21 beim „ Women in work“-Index. Beurteilungskriterien waren Lohnschere, Beschäftigungsquoten, Wiedereinstieg nach der Babypause. Als der Medienmanager Gerhard Zeiler vor einem Jahr im KURIER sagte, er wäre bereit, „Verantwortung zu übernehmen“, antwortete er auf die Frage, was er tun würde: „Arbeitsplätze schaffen, Arbeitsplätze schaffen, Arbeitsplätze schaffen. Ich bin mit dem Spruch von Anton Benya aufgewachsen: Kühe, die man melken will, müssen Milch geben, und damit sie Milch geben, muss man sie auch füttern. Wirtschaftliche und soziale Notwendigkeiten sind in der Regel nahe beisammen.“Zeiler nannte Entbürokratisierung, Investitionen etwa in Wohnbau, Bildungsreform. ÖBB-Chef Christian Kern würde wahrscheinlich Ähnliches sagen.
Wer immer Kanzler wird, muss zupacken. Wenn der Neue nur Eigen-PR macht, um die SPÖ-Werte in die Höhe zu treiben, facht er damit in der ÖVP Nervosität und eine Obmanndebatte an. Dann würde die Regierungsarbeit wieder still stehen.
SPÖ und ÖVP haben zwei Jahre Gnadenfrist, um wenigstens einige Indikatoren vom Negative ins Positive zu drehen. Nur so haben sie eine Chance bei der nächsten Wahl.
Die Stichwahl für die Hof burg am 22. Mai wird ihnen erneut vor Augen führen, was passiert, wenn nichts passiert.