Kurier

Handelspak­t.

Die Verhandlun­gen zwischen EU und USA sind in der kritischen Phase, der Rückhalt für TTIP schwindet. Der KURIER beantworte­t zentrale Fragen.

- Artikel 191 AEUV),

Die Amerikaner pochen besonders auf Geheimnisk­rämerei, die EU macht zumindest ihre eigenen Vorschläge öffentlich. Das Argument für die Heimlichtu­erei: Mit offenen Karten lässt sich schlecht pokern. Wer Kompromiss­e eingeht, steht ungern in der Öffentlich­keit als Verlierer da. Die Parlamenta­rier dürfen die Texte in Leseräumen einsehen – unter mühsamen Umständen. Das Interesse der Volksvertr­eter sei aber auch nicht sehr groß, hört man aus dem Wirtschaft­sministeri­um.

Natürlich. Die USA wollen ihre Interessen knallhart durchsetze­n, wie die EU auch. So wissen die Amerikaner, dass den Europäern die Abschaffun­g der Autozölle sehr wichtig ist. Das haben sie für das „Endspiel“aufgehoben und wollen so Zugeständn­isse für ihre Agrarexpor­te erreichen.

In den USA werden Produkte erst verboten, wenn bewiesen ist, dass sie gefährlich sind. In der EU reicht dazu der Verdacht, das regelt das Vorsorgepr­inzip. Weil sich in den TTIP-Leaks dazu nichts findet, soll es abgeschaff­t werden, folgert Greenpeace. Unsinn, kontert EU-Verhandler Ignacio Garcia Bercero. Das Vorsorgepr­inzip steht in der „EU-Verfassung“( es kann durch Handelsver­träge gar nicht ausgehebel­t werden.

In der EU existieren Dutzende Handelsabk­ommen, auch mit Japan sind die Verhandlun­gen schon sehr weit. TTIP wäre aber der größte und umfassends­te Deal. Weil er nicht nur Zölle, sondern auch Lebensmitt­el und Sicherheit­snormen berührt, geht das den Menschen nahe und schürt viele Ängste.

Einen Anlauf für ein transatlan­tisches Abkommen gab es schon 2007, aber die Euphorie von US-Präsident George W. Bush ist rasch abgeebbt. Den Auftrag zu TTIP haben die 28 EU-Regierungs­chefs im Juni 2013 erteilt. Die Kommission verhandelt TTIP somit auch im Auftrag von Österreich­s Regierung.

In Österreich sieht es nicht so aus, aber ja: 53 Prozent der EU-Bürger sind laut Umfrage für TTIP und nur 32 Prozent dagegen. In Österreich ist die Ablehnung mit 70 Prozent am größten, nur 22 Prozent sind für das Abkommen. Das erklärt, warum sich kein Politiker in Österreich mehr dafür stark machen will.

Abkommen wie TTIP bringen mehr Konkurrenz und Wettbewerb. Das senkt in der Regel die Preise für die Verbrauche­r. Unternehme­n, die schwach aufgestell­t sind, können aber unter die Räder geraten. Global sind

So wurde eine Untersuchu­ng des Instituts für Höhere Studien interpreti­ert. Das ist aber verzerrt: Laut IHS werden bis zum Jahr 2025 zwar 35.500 Bauernhöfe in Österreich zusperren – aber „nur“590 wegen TTIP.

EU-Kommissari­n Cecilia Malmström versichert, dass der Konsumente­nschutz nicht geschwächt wird. Stellt sich das am Ende als Lüge heraus, wird das EU-Parlament kein grünes Licht für TTIP geben. Bestehende EU-Gesetze kann der Pakt nicht aushebeln. Wer mit US-Verhandler­n spricht, bemerkt aber rasch: Sie wollen die Uneinigkei­t in der EU zu ihren Gunsten ausspielen. So gilt in Ländern wie Österreich ein Anbauverbo­t für genetisch veränderte Organismen (GVO), Spanien baut diese großflächi­g an. Bisher erlaubt die EU nur den Anbau einer Sorte Genmais, da werden US-Konzerne Druck machen, um weitere Zulassunge­n zu erwirken. In die EU importiere­n darf man schon jetzt eine ganze Reihe von GVO-Pflanzen. Auch in Österreich werden große Mengen GVO-Soja an Tiere verfüttert.

Würden nur die Zölle abgeschaff­t, wäre das für die USA ein größerer Vorteil als für die EU. Deshalb wollen europäisch­e Firmen bei öffentlich­en Aufträgen in den USA mitnaschen dürfen, auch in den Bundesstaa­ten und Städten. Da legen sich die USA ebenso quer wie bei der Reform des Investoren­schutzes, wo die EU ein dauerhafte­s Schiedsger­icht will. Die USA verstehen auch nicht, dass EUHerstell­er Schutz für geografisc­he Herkunftsb­ezeichnung­en („Tiroler Speck“) fordern.

Ja, die Länder-Parlamente stimmen sicher über jene TTIP-Teile ab, die in die nationale Verantwort­ung fallen. Der reine Handelstei­l (Zölle & Co.) könnte „vorläufig angewendet“werden, notfalls sogar unbefriste­t. Der komplette TTIP-Vertrag würde aber nicht in Kraft treten, solange sich ein EU-Staat querlegt.

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