Das GTI-Treffen am Scheideweg Lokalaugenschein.
Party mit angezogener Handbremse in Reifnitz/Gemeinde nimmt Besucherrückgang in Kauf
Tracht und Tradition statt Trubel und Trinkgelage. Das GTI-Treffen in Reifnitz am Wörthersee ist an einem Wendepunkt angelangt, denn zum 35-Jahr-Jubiläum unter dem Motto „Back to the Roots“
geht mit dem Lärm, dem Müll und den Exzessen auch der Besucheransturm zurück.
Geduld ist auf der Süduferstraße des Wörthersees ab dem Strandbad Maiernigg gefragt – diese Tatsache hat sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht verändert. Man entrichte 30 Euro für ein Tagesticket, umdann kilometerweit in der Benzin ge- schwängerten Luft bis Reifnitz Stoßstange an Stoßstange im Stau zu stehen. Die frisch aufgetunten und polierten Boliden funkeln im Sonnenlicht, in den getönten Brillen der stolzen Lenker spiegelt sich das Blau des Sees wider.
Im Kurort bietet sich hingegen ein ungewohntes Bild: Die Zahl der Imbissbuden und -Zelte hat abgenommen. Auf der Hauptbühne treten Fahnenschwinger und Musikkapellen auf, DJ Ötzi war einmal. Und der Samstag, stets der besucherstärkste Tag am verlängerten Wochenende, steht im Zeichen von Dirndl und Lederhosen – samt Modeschau. GummiGummi-Aktionen
gibt es wohl noch, aber nicht an jeder Straßenecke, sondern kontrolliert am dafür vorgesehenen Platz in Reifnitz.
Kaum Ausschreitungen
Diese Wandlung ist gewollt und nicht passiert. Zum 40. Geburtstag des Treffens hat sich die Gemeinde gezielt der „Back-to-the-Roots-Strategie“verschrieben, um Alkoholexzesse, illegale Straßenrennen oder Randale einzudämmen. Mit Erfolg. „Es gibt deutlich weniger Anzeigen, Raufereien oder Ausschreitungen“, betont Polizeisprecher Michael Masaniger.
Aber dieser Erfolg hat seinen Preis: Während in den besten Saisonen 150.000 Fans des Kultautos Anfang Mai nach Reifnitz brausten, wird man heuer nicht einmal die anvisierten 130.000 begrüßen dürfen. „Tausende fahren zu den Vortreffen, die es seit Anfang April gibt. In Reifnitz ist es während des GTI-Höhepunkts so ruhig wie noch nie“, weiß Heidi Stark. Sie betreibt seit Jahrzehnten die Trafik im Ort. „Heuer muss ich den Laden fallweise um 21 Uhr zusperren, weil weniger los ist. Früher ging’s stets bis Mitternacht.“
Es ist stiller rund um den See, Reifnitz steht am Scheideweg. Setzt man auf Besuchermassen oder auf „echte“ Autofreaks? „Ob 130.000 oder 100.000 Fans hier waren, kann ich erst am Montag sagen. Aber das spielt gar nicht die Hauptrolle: Weniger ist oft mehr, wenn dafür die Gäste zufrieden sind und sich das Event in eine positive Richtung entwickelt“, sagt der Reifnitzer Bürgermeister Markus Perdacher.
Ein E ent, ie früher
Jene Auto-Enthusiasten, die dem Haupttreffen treu bleiben, fühlen sich tatsächlich umso wohler, wie eine KURIER-Umfrage ergab. Reinhold und Christine Rupperath finden seit 34 Jahren den Weg von Bad Münstereifel bei Köln nach Kärnten. „Heuer ist es wie in den 80er-Jahren. Ru- hig, ein Treffen für AutoFreunde“, sagt Reinhold.
Christian Hiermann ist aus dem burgenländischen Zurndorf samt Familie angereist. „Erstmals kann man mit dem Auto in Reifnitz parken. Ich sehe es positiv, dass dem Ballermann der Kampf angesagt wurde“, meint er.
„In den letzten Jahren hat man am Vormittag die Angesoffenen gesehen. Das hat sich gedreht“, ergänzt Andreas Manahl aus Bregenz. Er will Reifnitz treu bleiben. Die aktuell Abwesenden hingegen werden die Gemeinde weiterhin meiden – um bei den Nachtreffen im Herbst und den Vortreffen 2017 Velden, Keutschach und den Faaker See zu beehren.