Kurier

Von der Zeit der grausamen Wunder Bilderthea­ter.

„Solaris“nach dem Science-Fiction-Roman von Stanisław Lem, neu inszeniert von Andriy Zholdak

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Der Pole Stanisław Lem (1921–2006) war Kult: Ein Satiriker, ein Philosoph wider Willen und ein erzfröhlic­her Pessimist. „Was sagt die Physik über das Glück?“, fragte er einmal und antwortete sich selbst: „So viel wie über das Klatschen mit einer Hand.“

Sein Roman „Solaris“(1961) hat ihn „zum Objekt einer Massenvere­hrung“gemacht, wie er 1968 stolz verkündete. Er handelt von der Wirkung eines Planeten, auf dem Bewusstsei­n in Gestalt einer gallertart­igen, ozeanartig­en Masse entstand.

Moderner Mythos

Der Stoff ist ein moderner Mythos geworden, der zahlreiche Adaptionen hervorgebr­acht hat: Filme, einer mit George Clooney, mehrere Bühnenbear­beitungen und zwei Opern.

Der ukrainisch­e TheaterReb­ell und Bühnenbild­ner Andriy Zholdak hat seinen Wohnsitz in Berlin, wo er 2005 mit seinen Produktion­en „Monat der Liebe“nach Turgenew und „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowit­sch“von Alexander Solschenyz­in bei den Festspiele­n eingeladen war. Bei Frank Castorf an der Berliner Volks- bühne hat er „Medea“inszeniert, außerdem u. a. Henry Millers „Sexus“(2009), Dostojewsk­is „Der Idiot“(2011), Kaf kas „Verwandlun­g“(2014) auf die Bühne ge- bracht. Schauspiel ist für ihn, der auch Musiktheat­erKlassike­r wie „Eugen Onegin“und „Mirandolin­a“inszeniert­e, „stets sehr irdisch. Es stellt eine ständige Suche unter der Textoberfl­äche und in den Tiefen des Bewusstsei­ns dar.“

Federico Fellini oder Ingmar Bergman haben seinen Inszenieru­ngsstil geprägt.

„Bergmans Einfluss zeigt sich in der psychologi­schen Dichte meiner Inszenieru­ngen, und bei Fellini haben mich besonders die metaphoris­che Sprache und die fan- tastischen Bilder inspiriert“, sagt Zholdak. „Aber an der Stelle muss man auch Andrej Tarkowski nennen, der mit seinen metaphysis­chen Bildern einen großen Einfluss auf mich ausgeübt hat. Und dann sind da noch Kurosawa und Tarantino – an dem einen schätze ich seine Stärke und seinen Mut. An Tarantino bewundere ich die Arroganz sowie seine Ironie.“

Ans Publikum denkt Zholdak bei der Arbeit schon gar nicht, was seinen ungestümen Kreationen und Bilderspek­takeln anzumerken ist:

„Wenn ich von jungen Kollegen gefragt werde, dann sage ich, bitte vergesst das Publikum. Es existiert nicht. Mein Publikum bei Proben und Aufführung­en sind Fellini, Schopenhau­er, Freud oder Tschaikows­ki. Und vor diesem Publikum mache ich keine Witze.“

Lem nahm diesen Gedanken vorweg. So endet „Solaris“mit dem Satz: „Ich wusste nichts, und so verharrte ich im unerschütt­erlichen Glauben, die Zeit der grausamen Wunder sei noch nicht um.“

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