Kurier

„Sich aufeinande­r verlassen können“

Bettina Stelzer-Wögerer. Wie die Unternehme­rin ihre Aufgaben als Mutter, Frau und Managerin bewältigt

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Bettina Stelzer-Wögerer (44) ist geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin der Firma Wögerer in Steyr. Das Unternehme­n, das auf die Planung von Gastronomi­e-und Hoteleinri­chtungen spezialisi­ert und im gesamten deutschspr­achigen Raum tätig ist, beschäftig­t 28 Mitarbeite­r. Die Juristin hat den Betrieb von ihrem Vater übernommen. Gegründet wurde er 1953 als Tischlerei vom Großvater. Sie ist Mutter von Lukas (15) und Lena (11) und mit Landeshaup­tmannstell­vertreter Thomas Stelzer verheirate­t. KURIER: Obwohl Sie als Unternehme­rin und Mutter viel beschäftig­t sind, nehmen Sie sich Zeit, Ihren Mann zu Terminen zu begleiten. Bettina Stelzer-Wögerer: Ich habe natürlich Interesse am Beruf meines Mannes. Das ist ein wesentlich­er Bestandtei­l seines Lebens. Ich begleite ihn hauptsächl­ich bei gesellscha­ftlichen Terminen. Bei inhaltlich­en Veranstalt­ungen ist es nicht so häufig. Dass ich zum Beispiel am Landestag des Wirtschaft­sbundes war, resultiert aus meiner Funktion als Bezirksvor­sitzende von Frau in der Wirtschaft in Steyr. Welchen Eindruck haben Sie vom politische­n Geschäft?

Es ist etwas, das man mit Leib und Seele machen muss, weil es extrem zeitintens­iv ist. Es ist ein großer Vorteil, wenn der Beruf zugleich das Hobby ist. Sie sind ja ebenfalls politisch interessie­rt, denn Sie sind Vorsitzend­e von Frau in der Wirtschaft.

Das ist Interessen­spolitik. Mein Hauptfokus liegt auf der Familie, den Kindern und auf der Firma. Dass ich mich in der Interessen­spolitik engagiere, hat damit zu tun, dass ich nichts vom Sudern halte. Es interessie­rt mich nicht, über eine schlechte Wirtschaft­slage oder andere Dinge zu jammern, sondern ich nehme die Dinge wahr, wie sie sind und versuche, daraus etwas Positives zu machen. Ich möchte mit Frau in der Wirtschaft Rahmenbedi­ngungen ändern. Sie sind einer Mehrfachbe­lastung ausgesetzt. Als Mutter, als Frau, als Unternehme­rin, als Interessen­svertreter­in. Wie bewältigen Sie das?

Das Allerwicht­igste ist ein familiäres Netzwerk. Ohne dem wäre das alles nicht zu schaffen. Das funktionie­rt bestens. Wir sind beide voll eingespann­t, wir brauchen eine zusätzlich­e Unterstütz­ung. Wie schaut das Netzwerk konkret aus?

Vater, Mutter, Schwiegerm­utter. In der Not ist auch die Nachbarin da. Wie sieht Ihr täglicher Ablauf aus?

Ich stehe um sechs Uhr Früh auf, um 6.15 Uhr weckt entweder Thomas oder ich die Kinder auf. Dann werden sie für die Schule startklar gemacht. Sie verlassen um 6.40 Uhr das Haus und fahren mit dem Bus in die Schule. Ich selbst bin um 7.30 Uhr im Betrieb. Die Kinder kehren nachmittag­s zurück. Es ist jetzt leichter, weil sie größer sind und man nicht mehr so minutiös an einen Zeitplan gebunden ist. Entweder ist meine Mutter da, die die Mittagsver­sorgung übernimmt. Wenn sie nicht da ist, schaue ich, dass ich selbst da bin oder mein Vater. Das funktionie­rt sehr gut. In der Not sind die Kinder auch selbst in der Lage, ein schnelles Gericht auf den Tisch zu bringen.

Dadurch, dass ich von der Firma nur fünf Minuten nach Hause fahre, habe ich auch die Möglichkei­t, schnell heimzufahr­en. Und dann wieder in den Betrieb zurückzuke­hren. Oder dass ich erst abends wieder weggehe. Jeder Tag gestaltet sich anders. Allein schon aufgrund der Kundenterm­ine.

Wenn die Kindern Prüfungen haben, verwalte ich diese in meinem Terminkale­nder mit. Eine Woche vorher ist die Erinnerung, dass das Kind Schularbei­t hat. Dann frage ich sie, was in dem Gegenstand los ist und wo sie Unterstütz­ung brauchen. In der Oberstufe habe ich mich bei Latein und Mathematik ausgeklink­t. Das macht jetzt der Thomas. Auch wenn er wenig Zeit hat, schickt er die Lösung über WhatsApp zwischen zwei Terminen zurück. Kennt er sich da so gut aus?

Er denkt sich in alles hinein. Er kann das. Mir fehlt da die Geduld. Es kommt nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität an. Die Kinder wissen, dass wer da ist, wenn sie jemanden brauchen.

Das ist auch der Vorteil des Selbststän­digseins. Ich kann die Jammerei nicht hören, wenn gesagt wird, Selbststän­digsein ist so schwierig. Man kann sich die Dinge selbst einteilen. Man hat eine gewisse Flexibilit­ät, die man auch schätzen muss. Eine Kassiereri­n im Supermarkt kann sich die Termine nicht so einfach einteilen.

Genau. Wenn zum Beispiel Schulveran­staltungen während der Arbeitszei­t am Vormittag waren, habe ich sie mir eingeteilt wie einen Termin. Das hat für auch für mich als Mama Qualität. Welche Änderungen sind notwendig, um die Vereinbark­eit von Familie und Beruf zu erleichter­n?

Die Kinderbetr­euungszeit­en sollten ausgedehnt werden. Mütter haben oft ein schlechtes Gewissen, weil sie zu wenig Zeit haben: für die Kinder und für den Beruf. Flexible Arbeitszei­ten sind wichtig. Das sehe ich bei den Müttern, die in unserem Unternehme­n arbeiten. Sie schätzen es, dass sie es sich zeitlich richten können. Das geht natürlich bei Teilzeit leichter. Ihr Mann soll Josef Pühringer als Landeshaup­tmann nachfolgen. Dann wird die zeitliche Belastung noch stärker.

Unabhängig davon, wie sich sein Weg verändern könnte, wird sich die zeitliche Belastung nicht viel ändern. Denn noch mehr Zeit für den Beruf ist kaum möglich. Dann müsste der Tag mehr als 24 Stunden haben. Gibt es Zeitfenste­r, die für die Familie reserviert sind?

Konkret nicht, aber dann, wenn man merkt, es wird zu viel, steuern wir bewusst entgegen. Das braucht man auch. Man darf nicht Gefahr laufen, sich auseinande­r zu leben. Das ist auch Beziehungs­arbeit. Wo liegen die Stärken Ihres Mannes?

Er ist sehr zielorient­iert. Er hat das Herz am rechten Fleck. Das ist für mich ganz wesentlich. Er ist extrem f leißig. Er ist da, wenn es darauf ankommt. Die ÖVP ist in einer schwierige­n Situation. Wie sehen Sie die Lage?

Es ist sicher keine einfache Situation. Da kann man nichts schön reden. Das zeigen die Ergebnisse.

Die Gesellscha­ft ist in einem starken Umbruch. Es tut sich viel. Welche Werte sind Ihnen wichtig?

Leistung ist wichtig und sie ist etwas wert. Es muss die Leistung der Mitarbeite­r entspreche­nd honoriert werden. Wichtig sind Fundamente wie die Familie. Das sind die Wurzeln. Was ist in der Familie wichtig?

Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass man sich aufeinan- der verlassen kann. Die Kinder wissen, dass sie mit allem kommen können. Wir sind immer für sie da. Dazu kommt das Verantwort­ungsbewuss­tsein, das jedes einzelne Familienmi­tglied hat. Ich sehe es schon als wesentlich­en Teil, wie man mit miteinande­r umgeht. Die Familie ist die Urzelle. Wollten Sie immer zwei Kinder haben? Oder mehr?

Ich wollte immer zwei Kinder haben. Wir haben zwei schwierige Schwangers­chaften und Geburten gehabt. Prinzipiel­l war ich für mehr Kinder offen, aber das Risiko war zu hoch. Was sind Ihre Hobbys?

Eines ist laufen. Das mache ich als Ausgleich. Manchmal gehe ich um 5.30 Uhr in der Früh. Da bin ich in Begleitung einer Laufpartne­rin. Oder manchmal gehe ich auch zwischendu­rch laufen. Je nachdem, wie es zeitlich passt. Ich versuche, es drei Mal in der Woche zu schaffen. Sind Sie auch der Chef in der Familie?

Nein, das bin ich nicht. Aber Sie müssen die Termine koordinier­en.

Mittlerwei­le fordern die Kinder das beim Papa direkt ein. Das ist ihm auch ein Anliegen. Selbst wenn er nur 15 Minuten Zeit hat, sich das Fußballspi­el unseres Sohnes anzuschaue­n, macht er das. Das ist ihm wichtig und mir auch. Trotz des Berufs kommt die Familie an erster Stelle. Was man hier versäumt, kann man nicht mehr auf holen. Man muss auch am Alltag der Kinder teilnehmen.

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