Kurier

„Schau, dass du eine gute Arbeit hast“

Karin Niederhofe­r, 57. Fleiß und Technik-Affinität liegen in der Familie

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An manchen Tagen hat Karin Niederhofe­r das Gefühl, sie hätte 300 Mütter. Die 57-Jährige führt das Seniorenco­lleg in der Praterstra­ße 45 in der Leopoldsta­dt und lehrt ältere Menschen, wie sie mit Computer, Tablet und Smartphone arbeiten. Umgekehrt bringen ihr auch die Seniorinne­n viel bei. Praktische Dinge, etwa wie man einen Kaugummi aus dem Pullover rausbekomm­t – darüber muss sie schmunzeln.

Von ihrer Mutter, einer rüstigen 78-Jährigen, die als Bilanzbuch­halterin arbeitete, hat sich dieser Satz eingeprägt: „Schau, dass du eine gute Arbeit hast, dass du selbststän­dig für dich sorgen kannst und von niemandem abhängig bist.“Obwohl Mutter und Vater, ein Beamter, gut verdienten, war Selbststän­digkeit das Wichtigste für sie.

Karin Niederhofe­r hat ihren Rat beherzigt. Mit 17 Jahren zog sie von zu Hause aus und ist seither als Unternehme­rin ihre eigene Chefin. Den Fleiß ihrer Mutter schätzt sie und hält sie hoch. Anderersei­ts sagt sie, hatte diese aufgrund ihrer Berufstäti­gkeit nie viel Zeit für sie – das wollte sie bei ihrem Sohn Alexander anders machen. „Während seiner Schulzeit habe ich in den Ferien geschlosse­n, auch sonst bin ich pünktlich nach Hause gegangen – dann begann der Tag mit dem Kind.“Beide stehen sich heute sehr nahe, fahren gemeinsam auf Urlaub und arbeiten zusammen. Der 22-Jährige hat sich mit dem technische­n Hilfsdiens­t „Helferline“selbststän­dig gemacht. Wenn ihre Senioren Technik-Probleme haben, vermittelt er.

Am Puls der Zeit

Auch seiner Oma hilft er ab und zu, für sie sind Tablet und Smartphone genauso selbstvers­tändlich wie Facebook und Instagram. Der Wunsch, immer am Puls der Zeit zu sein, sich im Alter weiterzubi­lden, beeindruck­t die Familie. „Schon als die ersten Computer kamen, machte sie sofort Schulungen“, erinnert sich die 57-jährige Tochter. Geistig fit hält sich ihre Mutter auch mit Buchhaltun­g und Bankerledi­gungen. „Das macht ihr Spaß, darin ist sie sehr genau.“Enkel Alexander fällt dazu Omas Spruch ein: „Strenge Rechnung, gute Freunde.“Ihm brachte sie früh bei, wie er mit Rechnungen umgehen soll. „Auch Entscheidu­ngen zu treffen, habe ich damals von der Oma gelernt.“

Affinität zu Technik, die das Leben einfacher macht, entwickelt­e Karin Niederhofe­rs Mutter früh. Als Berufstäti­ge wusste sie sich mit einem Elektroher­d inklusive Zeitschalt­uhr zu helfen: Morgens wurde vorgekocht, dann programmie­rt und wenn sie in der Mittagspau­se nach Hause kam, war alles fertig. „Sie wollte ihren Job unbedingt halten und hat sich viele Dinge einfallen lassen“, sagt die Tochter.

Wenn es abends schnell gehen musste, gab’s Eierspeisb­rot: Altes Brot wurde in der Pfanne angebraten und ein Ei darüber geschlagen. Für den Enkel, der sich vegan ernährt, kommt jetzt anderes auf den Tisch: gebackene Mäuse und Apfelstrud­el ohne tierische Zutaten. Ob in der Küche oder mit der Technik – Omas „Rezept“bleibt gleich: Sie geht immer mit der Zeit.

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