Gemeinsam statt einsam
GBV Innovativ. Die Gemeinnützigen Bauträger „Neue Heimat“und Gewog sind Vorreiter beim Generationenwohnen
Generationenwohnen heißt das? Andreas Dominko: Bei unseren Generationenprojekten ist die Nachbarschaft so gestaltet, dass mehrere Generationen unter einem Dach wohnen. Wir beschäftigen uns seit zehn Jahren damit und haben bereits mehrere Pilotprojekte im 14., 16. und 23. Bezirk, verwirklicht. – was Wen sprechen Sie mit Ihren „Wohngruppen für Fortgeschrittene“an?
Wir wenden uns an die Generation 55+, also an jene Menschen, die noch voll oder teilweise im Beruf stehen, aber deren Kinder schon ausgezogen und deren Wohnungen möglicherweise dann zu groß sind. An diese Menschen, die im gemeinschaftlichen Wohnen zusammenfinden und so den nächsten Lebensabschnitt bestreiten wollen, richten wir uns. Was unterscheidet Generationenwohnen baulich?
Die Barrierefreiheit laut Bauordnung ist in allen diesen Projekten zu 100 Prozent gegeben. Was uns bei den Wohngruppen für Fortgeschrittene besonders wichtig ist, ist beispielsweise die Zusammenlegbarkeit von Bad und WC. Können Sie an einem Beispiel darstellen, wie Generationenwohnen aussieht?
Ein gutes Beispiel ist unser Projekt „Jahresringe“Generationenwohnen in der Breitenfurter Straße im 23. Bezirk. Dort haben wir unter anderem sieben Seniorenwohnungen als Tandemwohnung gem. MRG gestaltet. Wir haben normale 3–4-Zimmer-Wohnungen für Familien mit Seniorenwohnungen „verknüpft“, wo dann wiederum die Großeltern einziehen können. Das ist Generationenwohnen im besten Sinne des Wortes. Darüber hinaus hat die gesamte Anlage einen eigenen Pensionisten- treff im Erdgeschoß, wo sich auch Bewohner der Umgebung treffen können. Eine Kindergruppe rundet das Generationenwohnen ab. Das Thema spannt sich also tatsächlich vom Kindergarten über die Familien- bis zur Seniorenwohnung. Wohin geht die Entwicklung?
Künftige Projekte beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung unserer Konzepte. Gemeinnützige Wohnbauträger sind nicht dazu da, Altersheime zu bauen, sondern wir wollen Lebensraum für Menschen jeglicher Altersstufen in breiter sozialer Durchmischung schaffen. Das bezieht sich nicht nur auf die Einkommensverhältnisse, sondern auch auf familiäre Verhältnisse – von Singles, Alleinerziehenden über gleichgeschlechtliche Paare bis hin zu Menschen, die auch schon Betreuung brauchen. Aktuell propagieren Sie das Projekt „Generationenwohnen 21“– was ist damit gemeint?
Da wird Generationenwohnen weit über das 21. Jahrhundert hinaus gedacht. Gleichwohl ist damit ein ganz konkretes Projekt im 21. Bezirk, in der AntonSchall-Gasse, gemeint. Die künftige Anlage am Marchfeldkanal wird den Wünschen sowohl älterer Men- schen als auch von Familien nach ruhiger Grünlage, aber mit jeglicher Versorgung und Infrastruktur, gerecht. Was kann man sich davon konkret erwarten?
Neben normalen, geförderten Wohnungen mit Dachterrassen und Gemeinschaftsräumen ist ein Wohnheim für Pensionisten mit 24- Stunden-Betreuung angedacht. Es wird auch die bewährten „Wohngruppen für Fortgeschrittene“geben, also für Menschen 55+, darüber hinaus wird das Thema ,Neue Wahlfamilie‘ umgesetzt. Das ist ein Wohn-Cluster, der es möglich macht, in einem Wohnungsverband zu leben. Dieses spezielle Angebot ist eine Art Cluster mit eigenständigen Wohneinheiten und wird von attraktiven Gemeinschaftsflächen, wie Küche, Wohnzimmer, Lounge und einer großer Terrasse f lankiert. Also eigenständig leben und trotzdem in Kontakt mit anderen Menschen bleiben?
Das ist der zentrale Idee des Wohn-Clusters, der von unserem Partner „Wohnbund: consult“betreut wird. Registrieren und anmelden kann man sich über die Homepage
– dadurch erfolgt eine erste Sichtung aller Interessenten. In weiteren Schritten und Informationsgesprächen kristallisieren sich dann allmählich die Wohngruppen heraus. Das heißt: Wir befragen die Menschen, bevor wir die Wohngruppen zusammenstellen, nach ihren Vorstellungen, Erwartungen und Wünschen. Dieser Prozess ist essenziell für das spätere Funktionieren der Wohngruppe und läuft bereits lange bevor der Rohbau fertig ist. Natürlich wissen wir durch ein Vorkonzept, wie diese Wohnungen aussehen und was sie kosten werden, zentral ist ist aber der Gruppenbildungsprozess. Durch Genererationenwohnen verändert sich offenbar auch der Bau- und Vergabeprozess.
Es hat tatsächlich ein Umdenken stattgefunden. Wir gehen von den Bedürfnissen der Menschen aus, arbeiten mit Standardgrundrissen, die aber eine gewisse Partizipation der späteren Bewohner zulässt. Welche Varianten bietet das Projekt Anton-Schall-Gasse ?
Zwei „Wohngruppen für Fortgeschrittene“haben je 16 Wohneinheiten mit Ein- bis Dreizimmer-Wohnungen. Der „Wohn-Cluster“wird aus einem Verbund von sechs Einheiten mit einem Gemeinschaftsbereich bestehen. Im Wohnheim, welcher von Cura Domo betreut wird, sind 15 Zimmer angedacht. Weiters wird es auch „normale“Mietwohnungen geben. Wie sieht die Zukunft aus?
Generationenwohnen wird, wohl auch angesichts der demografischen Entwicklung, noch weitaus heterogener werden. Die Begleitung durch professionelle Soziologen wird nicht nur im Vorfeld wichtig sein, sondern auch nach der Wohnungsübergabe in der Nach- betreuung, damit die sozialen Prozesse auch wirklich reibungslos funktionieren. Wichtig dabei wird aber auch die Frage sein, wie wir solche Projekte weiterhin realisieren können. Da wir bereits heute merken, dass wir an gewisse Grenzen stoßen, einerseits, was die Infrastruktur der Stadt Wien betrifft, sowie die damit verbundene leistbare Finanzierung, und andererseits natürlich durch die damit verbundene Bereitschaft der Menschen selbst, die künftig dauerhaft in gemeinschaftlichen Wohnformen wohnen wollen.