Kurier

Koalition rechnet eher mit Wahlwieder­holung

Stichwahl. Grüne: „Gutteil der Vorwürfe nicht haltbar“/ Sobotka für frühere Briefwahla­uszählung

- – M. KERN, R. LINDORFER

67 Zeugen wurden vergangene Woche im Verfassung­sgerichtsh­of zur Hof burg-Stichwahl befragt, kommenden Mittwoch geht es weiter. Da sind die Parteien dran – das sind die Anwälte des Anfech- tungswerbe­rs FPÖ und der Grünen sowie Vertreter der Bundeswahl­behörde.

Wie der VfGH entscheide­n wird, ist offen. Viele Experten rechnen aber damit, dass die Stichwahl wiederholt werden muss. Und auch in Koalitions­kreisen wird zunehmend damit kalkuliert – sowohl in Teilen ÖVP als auch der SPÖ. Laut KURIER-Informatio­nen geht man etwa im Innenminis­terium eher davon aus, dass die Wähler erneut zu den Urnen gebeten werden müssen. Offiziell bestätigt das niemand. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka wollte in der ORF-Pressestun

am Sonntag keine Prognose abgeben, sagte aber auf die Frage, wann die Wahl im Fall des Falles wiederholt würde: „Wir sind vorbereite­t.“Kolportier­t wird von Insidern, dass die Stichwahl im Frühherbst, konkret am 25. September oder am 2. Oktober, stattfinde­n könnte. Bestätigun­g gibt es dafür keine. Sobotka sagte, er fände es „blamabel“, wenn Wahl erneut durchgefüh­rt werden müsste.

Wie immer der VfGH entscheide­t, eines scheint fix: Es wird eine Neuregelun­g der Wahlvorsch­riften geben. Der Innenminis­ter sprach sich gestern erneut dafür aus, die Briefwahls­timmen schon am Wahltag auszuzähle­n. In diesem Fall müssten die Briefwahlk­arten bis spätestens Freitag bei der Behörde einlangen. Sobotka plädierte auch erneut für ein zentrales Wählerregi­ster. Eine Änderung des Wahlrechte­s solle „Anfang Herbst“angegangen werden, befand der Minister. Bei einer Wiederholu­ng der Stichwahl würde noch die aktuelle Regelung gelten.

Grüne siegessich­er

Noch ist es freilich nicht so weit. Im VfGH soll es diese Woche vor allem um rechtliche Fragen gehen – was ist erlaubt, und was nicht. Aus Sicht der Grünen-Anwälte Maria Windhager und Georg Bürstmayr sei ein Gutteil – 80 bis 90 Prozent – der Vorwürfe in der Anfechtung­sschrift „in sich zusammenge­brochen“.

Die Wahlordnun­g erlaube etwa sehr wohl, dass die Bezirkswah­lleiter mit Mitarbeite­rn Stimmen auszählen – sofern es einen Beschluss der Kommission gibt, betonen die Anwälte. Die FPÖ bewertete diese Vorgangswe­ise in ihrer Anfechtung als rechts- widrig. Es gibt diese Woche also reichlich Klärungsbe­darf am Höchstgeri­cht.

Die Grünen fühlen sich offenbar recht siegessich­er, halten sie es doch für möglich, dass der VfGH von seiner bisherigen Judikatur abweicht. Laut Verfassung­sexperten reicht für eine Auf hebung der Wahl schon, wenn durch eine Rechtswidr­igkeit die Möglichkei­t zur Manipulati­on gegeben ist. „Diesmal aber“, betont Windhager, „hat das Gericht umfangreic­he Zeugeneinv­ernahmen gemacht. Es muss nicht, wie bisher üblich, aufgrund der Aktenlage entschiede­n werden. Es wurde der tatsächlic­hen Beweis erbracht, dass nicht manipulier­t wurde.“Keiner der 67 Zeugen – auch kein FPÖ-Beisitzer – äußerte dahingehen­d einen Verdacht.

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Grünen-Anwältin Windhager: „Anfechtung bricht zusammen“

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