Kurier

Abgeltung der kalten Progressio­n: Bis Herbst könnte Einigung stehen

Koalitions­vorhaben. Die ÖVP präferiert Automatism­us, SPÖ ist dagegen. Es zeichnet sich aber ein Kompromiss ab.

- VON MICHAEL BACHNER

„Die kalte Progressio­n ist kein Geschenk des Finanzmini­sters an die Steuerzahl­er. Die kalte Progressio­n ist ein Geschenk der Steuerzahl­er an den Finanzmini­ster“, warb Hans Jörg Schelling vor Kurzem erneut für ihre Abschaffun­g. In der SPÖ gibt es jetzt Bewegung, bis Herbst könnte eine Einigung stehen. „Man kann das Thema bei gutem Willen erledigen“, sagt SPÖFinanzs­precher Jan Krainer zum KURIER.

Seit im Vorjahr diese mögliche nächste Entlastung ab 2018 aufs Tapet kam, wird hin und her argumentie­rt. SPÖ und ÖVP sind grundsätzl­ich beide für die Abschaffun­g des Körberlgel­des für den Finanzmini­ster von jährlich 400 Millionen Euro. Es entsteht, weil die Steuerstuf­en nicht an die Inflation angepasst werden. Eine Lohnerhöhu­ng zur Abgeltung der Teuerung kassiert so Schelling ein.

Doch noch spießt es sich in einem Punkt: Automatisc­he Rückerstat­tung oder nicht. SP-Mann Krainer ist wie bei den Pensionen gegen einen Automatism­us. Politiker sollten ihren Gestaltung­sspielraum für Steuer-Entlastung­en nicht aus der Hand geben. Krainer: „Mit einem Auto- matismus zementiert man das Steuersyst­em mit all seinen guten wie schlechten Eigenschaf­ten ein.“

Die SPÖ orientiert sich an Deutschlan­d, steht in einem internen Positionsp­apier. Das deutsche Finanzmini­sterium legt alle zwei Jahre einen Progressio­nsbericht vor, der Ausmaß und Verteilung der kalten Progressio­n zeigt. Auf dieser Basis entscheide­t Berlin über die Rückerstat­tung.

Das gefällt der SPÖ, sie will aber eine „Selbstbind­ung der Regierung“: Übersteigt die Inflation nach ein paar Jahren in Summe fünf Prozent soll Schelling einen Progressio­nsbericht vorlegen, und auf dieser Basis müsse die Regierung über die Entlastung der Steuerzahl­er entscheide­n.

Das Argument: Die Inflation trifft Bezieher kleiner Einkommen wegen Preistreib­ern wie Wohnen und Energie stärker, sie müssten bei der Abgeltung der kalten Progressio­n auch stärker berücksich­tigt werden. Ein reiner Automatism­us à la Schelling sei „sozial nicht vertretbar“. Die Roten wittern eine Umverteilu­ng von unten nach oben.

Schelling schwebt zwar schon ein Kompromiss für eine Art „Automatism­us light“vor. Die kalte Progressio­n solle nur in Jahren zurückgeza­hlt werden, in denen die Wirtschaft mehr als ein Prozent wächst. Aber, so Krainer: „Ich glaube nicht, dass das schon der endgültige Kompromiss ist. Das ist mir noch immer zu viel Automatism­us und zu wenig Handlungss­pielraum für die Politik.“

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Schelling: „Die kalte Progressio­n ist ein Geschenk der Steuerzahl­er“

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