Liebestragödie im Altenburger Schauderwald: „Piramo e Tisbe“
Charmant. Im pluralistischen Spektrum der Inszenierungsstile hat Bernd R. Bienert, vielseitiges Mastermind des Teatro Barocco, mit seiner historisch informierten Darstellungspraxis und Szenografie einen fixen Platz gewonnen. Diesmal gilt seine minutiöse Sorgfalt in der originalnahen Belebung eines Gesamtkunstwerks von Johann Adolph Hasse, „Piramo e Tisbe“(1768), in der wunderbaren Bibliothek von Stift Altenburg. Für die Geschichte der Liebenden, die am Widerstand der Familien scheitern und nach tragischen Missverständnissen Selbstmord begehen, hat Bienert stilsicher historische Bühnenbilder rekonstruiert, von denen besonders der nächtliche Schauderwald des zweiten Akts mit nobler GobelinÄsthetik beeindruckt.
Megan Kahts (Tisbe) entfaltet ihren warm strömenden Sopran mit auf blühenden Höhen; die elegant geführte Stimme von Maria Taytakova – Piramo ist originalgetreu ebenfalls mit einem Sopran besetzt – klingt eher silbrig, sodass sich in den Duetten ein fein dosierter Zusammenklang ergibt. Beide Damen sehen in den luxuriösen Kostümen hinreißend aus und geben den etablierten, gestisch-choreografischen Abläufen Leben und Seele.
Der Tenor Peter Widholz (Tisbes Vater) imponiert nicht bloß mit den Drohgebärden des despotischen Patriarchen, sondern steigert sich auch stimmlich zu beinahe heldischen Attacken. Der fatale Auftritt des Löwen (Gabriel Wanka) ist mit charmant ironisierter Naivität gestaltet. Das Ensemble musiziert auf Originalinstrumenten, jedes seiner Mitglieder verfügt über solistische Qualitäten; Emanuel SchmelzerZiringer (Cembalo und musikalische Leitung) beweist die Leidenschaft und Lebenskraft von Hasses Musik. Ein Erlebnis für alle Sinne!