Sinnsuche einer Generation
Anderswo. Sehenswerter Debüt-Film über das schwierige Leben in einer globalisierten Welt
„Nach über zehn Jahren in Berlin kann ich sagen, dass es nicht leicht ist, in einem fremden Land zu leben“, sagte die israelische Nachwuchs- Regisseurin Ester Amrami zur Ihre Figuren suchten ebenfalls ihren Platz, „nicht nur im geografischen Sinn“. Und so hat die Hauptfigur in Amramis Film „Anderswo“vermutlich weit mehr von der Macherin (Jahrgang 1979) als bloß die Herkunft. Der zeigt die Produktion am Dienstag um 22.45 Uhr in der Reihe „FilmDebüt im Ersten“.
Und das ist eigentlich zu spät amAbend. Denn der Film über die Israelin Noa, die in Berlin mit ihrem Freund lebt und studiert, kann beispiel- haft stehen für die Sinnsuche einer ganzen Generation. Gerade in Zeiten der Globalisierung, von Austauschprogrammen und internationalen Karrieren.
Richtig intakt ist Noas (Neta Riskin) Beziehung zu Jörg (Golo Euler) nicht. Eines Tages f liegt sie nach Israel. Doch aus einem kurzen Heimaturlaub wird ein längerer Aufenthalt, weil ihre Oma im Sterben liegt. Das alte Familienleben holt Noa wieder ein. Ihre Mutter (Hana Las- lo) findet, sie sei zu blass, sie habe abgenommen, und sie solle das lange schwarze Haar lieber offen tragen. So weit, so typisch, so klischeehaft – aber gerade deswegen von so vielen wohl gut nachvollziehbar.
Die Dialoge sind auf Hebräisch – der Zuschauer kann sie gut in den Untertiteln verfolgen. Immer wieder wird der Handlungsstrang unterbrochen von Videosequenzen, die Noa für ihre Masterarbeit aufgezeichnet hat. Sie will ein Wörterbuch für unübersetzbare Wörter erstellen und hat dazu Menschen aus aller Welt befragt.
Am passendsten für den Film ist wohl der Beitrag von Autor Wladimir Kaminer („Russendisko“). Er nennt einen Begriff aus dem Russischen, den er als „Zustand dritter Art“bezeichnet – jenseits der beiden Kräfte, die uns seiner Meinung nach weitertreiben: die endlose Suche nach dem Glück und die Angst, die eigenen hoch gesteckten Ziele nicht zu erreichen.