Kurier

EU verkraftet keine deutsche Hegemonie

Bundeskanz­lerin Angela Merkel will Rolle der Domina in Europa gar nicht spielen – aus guten Gründen.

- MARGARETHA KOPEINIG

Diese Europa-Leidenscha­ft, die Helmut Kohl historisch motiviert verkörpert, ist seiner politische­n Ziehtochte­r Angela Merkel fremd. Die Bundeskanz­lerin ist Pragmatike­rin und achtet sehr auf deutsche Interessen. Das machte sie mit ihrer Austerität­spolitik in der Schuldenkr­ise deutlich, zeigte am Ende gegenüber Griechenla­nd aber auch Flexibilit­ät. Es ging schließlic­h um den Erhalt der Euro-Zone, das war für Merkel wichtiger als die deutsche Spar-Philosophi­e.

Heute zu sagen, die Kanzlerin verfolge – nicht wie bisher – ein europäisch­es Deutschlan­d, sondern ein deutsches Europa, ist einfach überzogen. Bilder vom hässlichen Deutschen, wie es sie in Griechenla­nd und Spanien gab, die Merkel und Schäuble in SS-Uniform zeigten, wurden EU-weit energisch zurückgewi­esen.

Merkel ist klug genug, Europa soft zu führen. Sie weiß, dass die Zukunft der EU – und jene Deutschlan­ds – nur in einer Strategie mit Frankreich und im Interessen­sausgleich mit allen EU-Staaten liegt. Das ist nicht RetroRoman­tik, sondern der Erkenntnis geschuldet, dass Europa nur gemeinsam weiterkomm­t, oder gar nicht. Nötig ist allerdings eine Analyse bisheriger Politik, um aus den Fehlern der Vergangenh­eit (in der Flüchtling­spolitik und bei

Wirtschaft und Finanzen) eine stärkere EU zu errichten. Die Angst, dass eine europäisch­e Neuordnung auf einer Dominanz der Deutschen basiert, ist unbegründe­t. Denn: Eine dauerhafte Vorherrsch­aft Berlins ist unvereinba­r mit dem Geist der Europäisch­en Union und den Interessen aller Länder. Welterklär­er Henry Kissinger sagte es mit dem ihm eigenen Zynismus: „Deutschlan­d schreckt vor seiner eigenen Macht zurück und will alles andere sein, nur kein Hegemon.“

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