Die türkische Retourkutsche für zu viel Kritik
Grabungsstopp. Österreich will EU-Beitrittsverhandlungen mit Türkei stoppen; Ankara reagiert
Es ist nicht das erste Mal, dass österreichischen Archäologen in Ephesos das Graben untersagt wird: 1908 verweigerte das Osmanische Reich vorübergehend die Lizenzen für die 1895 gestarteten Arbeiten – aus Protest gegen die Annexion Bosnien-Herzegowinas durch ÖsterreichUngarn.
Diesmal wurde das Grabungs-Aus verfügt, weil der Haussegen zwischen Wien und Ankara seit dem gescheiterten Putschversuch schief hängt. Österreich protestierte vor allem gegen die Pro- Erdoğan-Demonstrationen in Wien. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) empfahl Erdoğan-Anhängern, die politisch aktiv sein wollten, das Land zu verlassen. Und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) legte ein Vielfaches nach, als er jüngst den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ventilierte.
„Verpiss dich, Ungläubiger“, war die Reaktion eines der engsten Erdoğan-Beraters an Kern.
Sebastian Kurz wiederum machte kürzlich beim infor- mellen Außenministerrat in Bratislava neuerlich deutlich, dass der Platz der Türkei nicht in der EU sei, dass sich Kanzler Kern beim Treffen der Staatsund Regierungschefs am 16. September für ein Ende der Beitrittsverhandlungen starkmachen wird und dass er, Kurz, ein Vetorecht bei der Eröffnung neuer Verhandlungskapitel habe.
In der EU steht Österreich mit diesem Kurs ziemlich alleine da. Das weiß auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan – und dreht den Österreichern kurzer- hand die Ausgrabung Ephesos ab.
„Ich bedaure diese Entscheidung sehr, weil sie Politik und Wissenschaft vermischt und im Widerspruch zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit steht, die wir über viele Jahre in Ephesos gepflegt haben. Mit diesem Schritt wird die Freiheit der Wissenschaft weiter eingeschränkt“, beklagte Wissenschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nach Bekanntwerden der türkischen Entscheidung. türkischen Kollegen Beweis dafür, wie stark das Grabungsteam hier integriert ist. Letztlich gelang es den Forschern, am Freitag um 18 Uhr alle Arbeiten zu beenden und Flüge für Mitarbeiter umzubuchen. Auch Dissertanten konnten noch Zeit gewinnen – „damit sie mit vollen Taschen zurück an ihre Unis in Österreich, der Türkei, Griechenland oder England gehen können“.
Ruinen schützen
Mit den türkischen Behörden erstellten die Forscher eine Liste, was über den Winter notwendig wäre, um die Ruine zu schützen. „Da sind wir in Gesprächen, wie man das abwickeln kann. Ich hoffe sehr, dass es Möglichkeit geben wird.“
Was zukünftige Grabungen betrifft, will Ladstätter abwarten, die Situation abkühlen lassen. „Das Problem muss auf politischer Ebene gelöst werden. Ich werde sicher auf wissenschaftlicher Seite alles tun, damit diese Kooperation weitergeht.“
Derzeit ist die 47-Jährige noch in Ephesos. Sie will so lange bleiben, bis auch der letzte Mitarbeiter und letzte Student abgereist sind. „Ich werde noch schauen, dass alle Fenster ordnungsgemäß geschlossen sind, dann werde ich auch fahren. Der Kapitän verlässt als Letzter das Schiff.“