Sturm und Drang im irrwitzigen Echtzeitmix
Im Theater. Hartmanns Truppe triumphierte
„Die Räuber“also. Schillers Sturm-und-Drang-Skandal funktioniert auch dann noch, wenn das Stück durch einen irrwitzigen Echtzeitmix aus Fernsehbildern und Bühnengeschehen gejagt wird. Wesentlichster Unterschied zur Uraufführung 1782: Den Damen im Publikum droht keine Ohnmacht mehr.
Matthias Hartmann ließ das Werk nach großzügigen Streichungen in mehrere visuelle Ebenen zerhacken, die wahlweise via Zuspielung (des Fernsehbildes) und/oder Bühnenschauspiel dargeboten wurde. Zentrales Element der Inszenierung: Die sogenannten Green Screens, jene Vorrichtung, ohne die Fernsehen und Kino schon seit Jahrzehnten nicht mehr auskommen. Wer sich vor die grüne Wand stellt, wird über den Computer in eine x-beliebige Bilderlandschaft hineingerechnet. Im Jahr 2016 eigentlich ein schnöder Effekt, der aber als Teil des Hartmannschen Bühnenballetts die größtmögliche Wirkung entfaltete. Was da im Hintergrund jeweils eingeblendet wurde, fand auch im Theater seinen Weg auf einen Bildschirm, der über der Bühne prangte.
Das Spiel mit doppelten visuellen Böden war eigentlich prädestiniert dafür, mehrfach auf die Nase zu fallen. Aber nicht mit dieser Räuberbande, deren Hauptmann Laurence Rupp überzeugend den schöngeistigen Verbrecher aus Leidenschaft gab: Er kommandierte seine Mörder und Brandschatzer in einem dichten Spiel, in dem jeder gefühlt die Rolle seines Lebens zu verkörpern glaubte. Jede Albernheit wurde mit Spielwitz zu einem gelungenen Ende geführt. Und (Obacht, Fernsehen!): Wo ein Kabel sich im Bühnendach verfing, sah man schon einen Schauspieler behänd mit langer Stange Hand anlegen. Die grandiose Darbietung des Abends blieb dem bösen Moor, Franz, vorbehalten, verkörpert vom fein dosierten Maniker Emanuel Fellmer. Großartig auch Coco König als Amalia.
Eine von vielen Leistungen dieses denkwürdigen Abends war die Choreografie der Kameraleute, die vollverkabelt mit ihrem Stativ von Position zu Position hopsen mussten, ohne zu stolpern und Schillers Welt zu stören. Auch das gelang.
Wenn man der Inszenierung etwas ankreiden möchte: Die Kommentare zum Stück – wir wären blendend ohne sie zurechtgekommen.