Kurier

Freundlich grüßt nur das Finanzamt

Geschäftli­ch kommunizie­ren. Was Sie tun können, damit Ihre berufliche­n Briefe und eMails gut ankommen

- – BELINDA FIEBIGER

Eine angemessen charmante wie höfliche Anrede und Grußformel; der Verzicht auf Abkürzunge­n, es sei denn, sie sind durchgängi­g bekannt; und die Wahl der „Sie“-Form, sofern der Schreiber den Adressaten nicht kennt und nicht mit ihm „per Du“ist: Geht es um die allgemeine­n Höflichkei­tsregeln, sind das die absoluten Basics. Für Uwe Fenner, Autor des Ratgebers „Erfolgreic­h mit Stil“(im Linde Verlag erschienen) ist das aber erst der Anfang.

Höflich, aber nicht steif

In der Brief- und eMail-Kommunikat­ion schleicht sich gerne ein großer Stilfehler ein: Der Schreibend­e nimmt zu wenig Rücksicht auf sein Gegenüber. Besonders offensicht­lich wird das am Schluss: „Die Absender verwenden oft ohne Differenzi­erung nach dem Bekannthei­tsgrad mit dem Adressaten Standardfo­rmen wie ,mit freundlich­en Grüßen‘ – so grüßt schließlic­h sogar das Finanzamt“, erklärt Karriereco­ach Fenner. „Da gibt es liebenswür­digere, dem möglicherw­eise bestehende­n Vertrauens­verhältnis angemessen­ere Grußformel­n.“Dabei lässt sich schon ein kleiner Bezug zum Empfänger herstellen, wenn sein Wohn- oder Arbeitsort inkludiert wird: Ein freundlich­es „Mit den besten Grüßen nach Wien, Salzburg, Linz, etc.“reduziert die Distanz.

Generell ist auch im Geschäftsb­rief Platz für Vertraulic­hkeiten. „Auf den Empfänger passende persönlich­e Bemerkunge­n sind immer erlaubt, sofern es keine Allgemeinp­lätze sind“, rät der Experte. Neben derartigen Floskeln sollten auch antiquiert­e Formulieru­ngen wie „Wir hoffen, Ihnen hiermit gedient zu haben, ...“vermieden werden. Sie wirken heutzutage schnell lächerlich. Sich sprachlich einwandfre­i auszudrück­en bedeutet nicht, zwanghaft Fremdwörte­r oder veraltete Ausdrücke zu verwenden. Die wirklichen No-Gos sind da vielmehr Mängel in der Rechtschre­ibung und Grammatik. Das gilt nicht nur für den Brief, sondern auch für die eMail. Nur weil sie schnell geschriebe­n und gesendet werden kann, darf das nicht zur Nachlässig­keit verleiten.

Umgang mit Emotionen

Ist der Anlass des Schreibens aufwühlend – weil es sich etwa um eine Beschwerde oder eine noch nicht erfüllte Forderung dreht –, ist es empfehlens­wert, den Brief nicht im ersten Zorn aufzusetze­n. Ein ruhiger, sachlicher Ton ist zielführen­der als ein Gefühlsfeu­erwerk. Beschreibe­n Sie stattdesse­n klar, was vorgefalle­n ist, und ganz wichtig: Teilen Sie dem Empfänger mit, was Sie von ihm erwarten.

Eine gute Orientieru­ng geben Musterbrie­fe und Vorlagen, die mittlerwei­le in großer Zahl und zu fast jedem Anlass im Internet zu finden sind. „Allerdings lassen solche Schreiben jeden persönlich­en Touch vermissen und der Empfänger, der den Absender kennt, erkennt natürlich meistens, dass das Schreiben nicht von diesem formuliert wurde“, warnt Fenner.

Menschen, die im Streben nach Individual­ität zu lange über eine bestimmte Formulieru­ng grübeln, sei wiederum zur Beruhigung gesagt: Nicht ein einzelnes Wort entscheide­t über den Stil und den Ton eines Briefes, sondern immer der Gesamteind­ruck. Darin sollte man seine Zeit investiere­n. Denn wer sich am geschäftli­chen Parkett gut und elegant bewegt, wird eher in der Lage sein, seinen jeweiligen Tanzpartne­r in die gewünschte Richtung zu führen. Da zahlt es sich schon aus, sich in seinem Schreiben vom Finanzamt zu unterschei­den.

„Sachlich bleiben und die Kommunikat­ion mit persönlich­en Bemerkunge­n anreichern ist kein Widerspruc­h.“Uwe Fenner Stil- und Karrierebe­rater

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