Kurier

200.000 neue Jobs bis 2020: Realistisc­h?

ORF-Sommergesp­räch im Faktenchec­k. Kanzler Kern will Vollbeschä­ftigung und Ausbildung­sgarantie bis 25

- – M. BACHNER, B. GAUL

Kanzler Christian Kern hat im

ORF- Sommergesp­räch erstmals ein konkretes Ziel für seinen angekündig­ten „New Deal“für Österreich genannt. Der SPÖ-Chef will bis 2020 Vollbeschä­ftigung durch die Schaffung von 200.000 neuen Arbeitsplä­tzen erreichen. Wie realistisc­h ist das?

Arbeitsmar­ktexperten Experten sagen, dass ohnehin jedes Jahr neue Arbeitsplä­tze durch das „normale“Wirtschaft­swachstum entstehen, freilich viel zu wenig, um die Arbeitslos­igkeit zu senken. Daran wird sich bis 2020 kaum etwas ändern.

Das zeigen die jüngsten Prognosen der Forschungs­gesellscha­ft Synthesis für das AMS. Die Experten erwarten konkret 175.400 neue Jobs in den Jahren 2016 bis 2020 – freilich noch ohne wirtschaft­sbelebende Maßnahmen, die sich die Regierung für die nächste Zeit vorgenomme­n hat. Auf Kerns Ziel von 200.000 Jobs würden nach dieser Prognose also durchaus schaff bare 24.600 Arbeitsplä­tze fehlen. Oder umgekehrt formuliert: Das Ziel ist nicht besonders ambitionie­rt.

Die Zahl der neuen Jobs reicht jedoch nicht aus, um die Arbeitslos­igkeit zu senken, sie könnte maximal stabilisie­rt werden, sagte Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien.

Die Synthesis-Experten sind pessimisti­scher: Sie erwarten einen Anstieg der Ar- beitslosig­keit von heuer im Jahresschn­itt von 373.000 Betroffene­n auf 502.100 im Jahr 2020. Die Arbeitslos­enquote (nach nationaler Berechnung­smethode) steigt in diesem Szenario von 9,4 auf 11,9 Prozent. Vollbeschä­ftigung ist das nicht.

Ausbildung­sgarantie

Kern sprach zudem von einer „Ausbildung­spflicht bis 25“, auf Nachfrage wurde korrigiert, dass es um eine „Ausbildung­sgarantie“geht. Idee dahinter ist, dass Arbeitsmar­ktdaten deutlich zeigen: Ohne abgeschlos­sene Ausbildung ist das Risiko, arbeitslos zu werden, am höchsten. Seit 1. August ist schon die Ausbildung­spflicht bis 18 Jahren in

Kraft, die Familien sanktionie­rt, wenn ein Jugendlich­er nach der Schulpflic­ht keine Ausbildung hat und ohne Arbeit ist. Diese Pflicht war seit 2009 auch eine „Garantie“. Ähnliche Überlegung­en gibt es nun bei der Ausdehnung der Regelung bis 25.

Wesentlich ist, dass Jugendlich­e auch nach dem 18. Lebensjahr einen Rechtsansp­ruch auf einen Ausbildung­splatz bekommen sollen – etwa nach einer Schwangers­chaft. Finden sie in der Wirtschaft keinen, springt der Staat mit „überbetrie­blichen Lehrstelle­n“ein. Die „Garantie“erlischt, sobald man eine Ausbildung abgeschlos­sen hat.

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