VP will Notverordnung jetzt: „Kanzler im Irrtum“
Nächster Clinch. Kern will die Notverordnung erst, wenn Obergrenze erreicht ist. Sobotka winkt ab
Zumindest über den legistischen Fahrplan zur Notverordnung herrscht Einigkeit zwischen Rot-Schwarz: Gestern wurde der Begutachtungsentwurf für die Notverordnung fertig gestellt.
Heute wird die Sonderverordnung in Begutachtung geschickt. Auf neun eng bedruckten Seiten wird in den Erläuterungen aufgelistet, wieso es Österreich für rechtens hält, Flüchtlingen ab Erreichen eines bestimmten Höchstwerts das Stellen von Asylanträgen zu erschweren. Argumentiert wird unter anderem mit Kriminalität. So heißt es im Text: „Der überdurchschnittliche hohe Zuzug von Schutzsuchenden stellt eine enorme Herausforderung für die allgemeine Sicherheitslage dar.“
Beklagt wird in den Erläuterungen zudem, dass die hohe Fallzahl die Behörden vor große Probleme stellten. „Die hohe Qualität der Asylverfahren kann nicht mehr sichergestellt werden“.
Weniger Einigkeit wird bei der Gretchenfrage demonstriert, wann die Notverordnung tatsächlich in Kraft treten soll? Bevor 37.500 Flüchtlinge zum Asylverfahren in Österreich zugelassen sind? Oder erst, wenn die Obergrenze erreicht ist?
Sobotka er undert
In diesem heiklen Punkt bahnt sich der nächste innerkoalitionäre Clinch an. Denn Kern machte gestern beim Mediengespräch vor dem Ministerrat seinen Standpunkt deutlich: „Wenn wir die 37.500 zugelassenen Asylverfahren nicht erreichen, brauchen wir auch keine Notverordnung. Dabei bleibt es.“
Bei der ÖVP stößt diese Auslegung auf Verwunderung. Vor allem ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka lässt dem Kanzler ausrichten: „Hier erliegt der Bundeskanzler einem Irrtum“, heißt es aus dem Innenministerium gegenüber dem KURIER. „Wir brauchen die Sonderverordnung, damit wir die Zahl von 37.500 zugelassenen Asylanträgen nicht überschreiten.“
Auch ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sieht den Timing-Vorschlag des Kanzlers kritisch. „Das ist noch zu diskutieren. Es macht keinen Sinn, eine Verordnung in die Begutachtung zu geben, wenn man das nur als theoretische Übung sehen würde.“
Aber genau darauf, dass die Notverordnung nur für „die Schublade“produziert wird, setzt Kern. Einerseits will der Kanzler kein Pingpong-Spiel mit Menschen an der österreichisch-ungarischen Grenze sehen, wenn die ersten Zurückweisungen stattfinden. Andererseits existiert für den Regierungschef die „begründete Hoffnung“, dass die Obergrenze von 37.500 gar nicht erreicht wird.
„Die Zahlen der Einreisen über Ungarn haben sich deutlich reduziert. Die Maßnahmen der Ungarn an deren Außengrenzen zeigen ihre Wirkung“, bekräftigte Kern.