Kniefall vor Orthodoxen: Sabbat-Ruhe auf Bahnbaustellen sorgte für Verkehrschaos
Posse. Die Bauarbeiter auf insgesamt 20 Baustellen waren schon da, um dringend notwendige Gleisarbeiten zu erledigen. Auch die Sondergenehmigungen waren erteilt, dass am Sabbat gearbeitet werden darf. Doch dann entschied Premierminister Benjamin Netanjahu exakt fünf Minuten vor Sabbat-Beginn persönlich, dass die vorgesehenen Bauarbeiten nicht stattfinden dürften. Die Arbeiter wurden wieder heimgeschickt.
Die Opposition wirft dem Regierungschef jetzt die Kapitulation vor den Ultra-Orthodoxen vor, ohne die er nicht regieren könnte. Die hatten gegen die „Entheili- gung der Sabbatruhe“gewettert – und sich durchgesetzt.
Nur diesmal sind die Israelis extrem zornig. Denn zu Wochenbeginn, als die lang geplanten Bauarbeiten nachgeholt werden mussten, fielen zum Beispiel alle Züge zwischen Tel Aviv und Haifa aus. Auf den überfüllten Straßen herrschte Chaos. Viele Soldaten kamen zu spät in ihre Kasernen. Es sind genau jene Soldaten und Soldatinnen aus Tel Aviv und Umgebung, die nicht besonders religiös sind, aber für die UltraOrthodoxen, die sich vornehmlich dem Thora- und Talmud-Studium widmen, den Kopf hinhalten müssen.
Der Konflikt zwischen sä- kularen Israelis und Orthodoxen köchelt schon seit langem vor sich hin. Demografisch betrachtet sind die Orthodoxen im Aufwind. Die frommen Jüdinnen bekommen im Schnitt 6,5 Kinder, obwohl ihre Männer meist nicht arbeiten, weil sie beten müssen. Für die Säkularen ist das ein ständiges Ärgernis, sie zahlen hohe Steuern, haben im Schnitt drei Kinder und ihre Frauen gehen wie selbstverständlich ihren Berufen nach.
Die Pendler müssen sich am Wochenende auf die nächste Posse gefasst machen, denn die Gleisarbeiten sind noch nicht beendet.