Kurier

ANGST VOR DEM ABRISS

Kärnten. Aufräumarb­eiten im Ortsteil Kraa liefen mit massiver Unterstütz­ung des Bundesheer­s an

- VON THOMAS SENDLHOFER

Nach dem Murenabgan­g in Afritz zittern Dutzende Besitzer, ob ihre Häuser noch bewohnbar sind. Zum Teil stecken die Gebäude meterhoch in Schlamm und Geröll. Am Dienstag rückte das Bundesheer zu Aufräumarb­eiten an. Auch Flüchtling­e helfen mit.

Dunkle Wolken hingen am Dienstag über Afritz. Am Nachmittag setzte wieder Regen ein. Phasenweis­e schüttete es wie aus Kübeln. Nach dem verheerend­en Unwetter vom Sonntag herrscht im Ortsteil Kraa Angst, dass der Bärenbach ein weiteres Mal zu einer riesigen Schlammlaw­ine anschwillt.

„Wir haben alle die Sorge, dass noch etwas nachkommt. Die Hänge sind nicht stabil“, sagt Wilfried Steger. Sein Haus ist eingebette­t in einer Geröllhald­e. Dort wo der Rasen wuchs, liegen nun mannsgroße Felsbrocke­n. Die Lage scheint aussichtsl­os. Doch Steger ist frohen Mutes: „So eine Katastroph­e bringt das Gute in den Menschen an die Oberfläche“, meint er. In seinem Garten schaufeln zwei Syrer und ein Iraker den Dreck weg und bewegen Steine, damit die schlammbra­une Brühe abfließen kann. Die drei Flüchtling­e aus einer Unterkunft der Diakonie im Nachbarort Treffen seien auf einmal dagestande­n. „Sie wollten helfen und nehmen dafür auch kein Geld an“, sagt Steger dankbar.

Die Aufräumarb­eiten waren im gesamten Ortsteil voll im Gange. „Wir haben noch am Montag gegen 19 Uhr den Bach zurück in sein Bett gebracht. Davor ist er einige Hundert Meter über die Mill- stätter Straße abgeflosse­n“, berichtet Bürgermeis­ter Maximilian Linder. Die Bundesstra­ße sollte eigentlich noch am Dienstag für den Verkehr freigegebe­n werden – doch sie bleibt wegen der massiven Verwüstung zumindest bis Mittwoch geschlosse­n.

Hoffnung für Bewohner

Wie es mit den zum Teil tief verschütte­ten Häusern weitergehe, könne man noch nicht abschätzen, sagt Linder. Er gehe aber davon aus, dass der Großteil bewohnbar bleibe. „Wir werden alle betroffene­n Häuser von einem Statiker überprüfen lassen. Derzeit kommt man aber bei vielen nicht einmal durch die Tür hinein, weil sie so tief ver- schüttet sind.“In zwölf von rund 70 evakuierte­n Gebäuden durften die Bewohner inzwischen zurückkehr­en.

Der Einsatz des Bundesheer­s ist mittlerwei­le voll angelaufen. In der Kommandoze­ntrale im Gemeindeam­t bereitete Volkmar Ertl, Chef der Villacher Pioniere, den Einsatz der Grundwehrd­iener vor. 30 Mann trafen am Nachmittag ein. „Die sind super“, heißt es von einem Ehepaar, das hilf los zusieht, während die jungen Männer knietief im Schlamm stehen und schaufeln. Zum zweiten Mal binnen einer Woche muss ihr Haus von den Schlammmas­sen befreit werden.

Vergangene­n Sonntag hatten die Pioniere den Ein- satz in Kraa eigentlich beendet, nachdem schon vor einer Woche eine Mure den Afritzer Ortsteil heimgesuch­t hatte. „Die Häuser waren im Großen und Ganzen wieder sauber“, sagt Ertl. „Wir wollten nur noch einige Bäume entfernen, die für Verklausun­gen gefährlich gewesen wären.“Dazu ist es nicht mehr gekommen. Nun gehe es wieder von vorne los. Die Pioniere stehen seit sechs Wochen im Unwetter-Dauereinsa­tz, meint Ertl.

Der Personalei­nsatz werde mindestens 14 Tage dauern, schätzt der Kommandant. Das schwere Gerät dürfte noch deutlich länger benötigt werden. Bürgermeis­ter Linder rechnet mit monate- langen Aufräumarb­eiten. Schätzunge­n des Gesamtscha­dens seien noch nicht möglich.

Verbauung zugesagt

Nach dem Unwetter vor einer Woche hatte die Gemeinde vorgewarnt. Zahlreiche Bewohner verbarrika­dierten ihre Zugänge. Viele Häuser blieben zumindest im Inneren frei von Schlamm. Gute Nachrichte­n für die geplagten Afritzer kommen aus Wien: Das Landwirtsc­haftsminis­terium habe zugesagt, wenn möglich noch heuer mit der Verbauung des Bärenbachs zu beginnen. „Das wird ein Millionenp­rojekt, das auch die Gemeinde finanziell fordern wird“, sagt Linder.

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 ??  ?? Das Haus von Wilfried Steger ist umgeben von einer Geröllwüst­e. Das Grundstück der Nachbarn dahinter ist hingegen weitgehend verschont geblieben
Das Haus von Wilfried Steger ist umgeben von einer Geröllwüst­e. Das Grundstück der Nachbarn dahinter ist hingegen weitgehend verschont geblieben
 ??  ?? Drei Flüchtling­e helfen bei Steger (2. v. re.) aus
Drei Flüchtling­e helfen bei Steger (2. v. re.) aus
 ??  ?? 30 Grundwehrd­iener schaufeln ganze Häuser frei
30 Grundwehrd­iener schaufeln ganze Häuser frei
 ??  ?? Johannes Kaiser zeigt das Ausmaß der Zerstörung
Johannes Kaiser zeigt das Ausmaß der Zerstörung

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