Kurier

Höchstgeri­cht Staat droht Milliarden­Nachzahlun­g für Beamte

Beamten und Vertragsbe­diensteten müssten Schule und Lehre angerechne­t werden

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Zurück zum Start, heißt es für Beamten-Staatssekr­etärin Muna Duzdar: Wie dem KURIER bestätigt wurde, hat der Verwaltung­sgerichtsh­of die 2015 getroffene Regelung für die Anrechnung der Vordienstz­eiten gekippt. Der VwGH ist damit nach dem EuGH das zweite Höchstge- richt, das gegen die Republik entscheide­t. Im schlimmste­n Fall drohen der öffentlich­en Hand Nachzahlun­gen von drei Milliarden Euro. Im Büro von Duzdar heißt es, der VwGH habe eine „Gesetzeslü­cke“gefunden; man werde diese aber bald reparieren.

Sie dachten, die Sache sei erledigt und gelöst, doch sie haben sich geirrt: Ein Urteil des Verwaltung­sgerichtsh­ofes (VwGH) zwingt die Bundesregi­erung nun erneut, ein budget-technisch durchaus delikates Thema wieder anzugehen: die Vordienstz­eiten der Staatsbedi­ensteten.

Wie dem KURIER am VwGH bestätigt worden ist, hat das Höchstgeri­cht vor kurzem die erst 2015 getroffene „Lösung“gekippt. Und damit steht Beamtensta­atssekretä­rin Muna Duzdar vor einem Problem, das die Steuerzahl­er im schlimmste­n Fall bis zu drei Milliarden Euro kosten kann. Wie ist das möglich? Dazu muss man zurückgehe­n in den November 2014: Damals entschied der Europäisch­e Gerichtsho­f, dass Österreich bei der Bezahlung der Beamten über Jahre hinweg ein veritabler Fehler unterlaufe­n ist.

Laut EuGH hätten allen Beamten und Vertragsbe­diensteten ihre Vordienstz­eiten für Lehre und Schule vor dem 18. Lebensjahr angerechne­t werden müssen – was nicht geschah.

Egal also, ob jemand bei der Polizei, in einer Landesregi­erung, beim Heer, in einem Landesspit­al oder bei den Bundesbahn­en arbeitet: Er bzw. sie hat laut EuGH ein Recht darauf, bei der Höhe des Gehalts um eineinhalb Biennalspr­ünge nach oben zu klettern und rückwirken­d eine Nachzahlun­g der Gehaltserh­öhung auf drei Jahre zu beanspruch­en.

Bis zu drei Milliarden Euro, so schätzte damals das Finanzmini­sterium, müsste die öffentlich­e Hand zusätzlich ausgeben, wenn alle Be- troffenen – darunter allein 340.000 Landes- und Bundesbedi­enstete – mit Unterstütz­ung der Beamtengew­erkschaft GÖD ihr Recht einfordern.

Vermeintli­che Lösung

Die damalige Beamtensta­atssekretä­rin Sonja Steßl fand Anfang 2015 eine gesetzlich­e Lösung für das Problem. Man bot den Betroffene­n eine neue, finanziell minimal attraktive­re Entlohnung.

Diese Lösung war mit der GÖD politisch aber eher als Provisoriu­m konzipiert – die Beamten sollten in der weiteren Folge ein juristisch wasserdich­tes, neues Besoldungs­recht bekommen.

Genau das passierte in den vergangene­n eineinhalb Jahren nicht.

Stattdesse­n „hob“nun der Verwaltung­sgerichtsh­of die 2015er Regel, weil Betroffene die vermeintli­che Lösung so nicht akzeptiere­n wollten. Wie geht es weiter? In den personal-intensiven Ministerie­n, also im Innen- und Verteidigu­ngsres- sort, laufen Berechnung­en, wie hoch die Kosten wären, sollten die Betroffene­n die Nachzahlun­gen beantragen.

Im Büro von Staatssekr­etärin Muna Duzdar versucht man zu beruhigen: „Wir analysiere­n gerade das Urteil des Verwaltung­sgerichtsh­ofes“, sagt ein Sprecher zum KURIER. Das Höchstgeri­cht habe offenbar eine „Gesetzeslü­cke“gefunden. Man sei aber sehr zuversicht­lich, diese mit einer neuen Lösung schon bald wieder schließen zu können.

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Amtsüberga­be mit Hypothek: Muna Duzdar übernahm als Staatssekr­etärin von Sonja Steßl (li.) die Beamten-Agenden. Mit den Vordienstz­eiten ist ein altes Problem neu am Tisch, das damals wie heute als „Budgetbomb­e“gilt

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