Kurier

CETA: Recht viel Angst, kaum Wissen

Ein Viertel hat ein „sehr schlechtes Gefühl“, nur ein Prozent fühlt sich sehr gut informiert

- AUS BRÜSSEL MARGARETHA KOPEINIG

Eilig kam Bundeskanz­ler Christian Kern am Mittwoch der Einladung der EU-Spitzen nach, ein klärendes Gespräch über die Zweifel der SPÖ an CETA zu führen.

Kern traf im Europäisch­en Parlament in Straßburg zuerst Parlaments­präsident Martin Schulz, danach Kommission­spräsident JeanClaude Juncker und EUKommissa­r Johannes Hahn.

Konkret ging es bei den Gesprächen um ein Zusatzprot­okoll zum CETA-Vertrag. „Darin wird den Sorgen der Österreich­er Rechnung getragen“, versprach Juncker. Der Text werde auch im EUAmtsblat­t veröffentl­icht – und ist somit EU-Recht.

Hinter den Kulissen war von einer „gelungenen Inszenieru­ng“die Rede, die Kern die Möglichkei­t gibt, der skeptische­n SPÖ und dem heimischen Publikum zu sagen, er habe etwas erreicht.

Die EU-Granden versichert­en dem Kanzler, das Zusatzprot­okoll werde mit Kanada noch Mittwochna­chmittag finalisier­t und sofort den Regierunge­n zugestellt.

Keine Privatisie­rung

Der Bundeskanz­ler hatte zuletzt betont, CETA zustimmen zu können, wenn es eine rechtsverb­indliche Einigung in drei Punkten gebe: die hohen Umwelt- und Konsumente­nschutzsta­ndards müssen garantiert sein, die öffentlich­e Dienstleis­tungen (Wasser, Müllabfuhr, Gesundheit­sversorgun­g) dürfen nicht privatisie­rt werden und die Anwendbark­eit der Schiedsger­ichte bleibt so lange ausgesetzt, bis alle Parlamente diesem Teil des CETA-Vertrages zugestimmt haben.

Schulz und Juncker rechnen nun damit, dass Österreich CETA unterschre­ibt und der Vertrag beim EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober angenommen werde.

Kern hielt sich gestern noch zurück: „Es ist jetzt verfrüht zu sagen, dass wir uns auf etwas geeinigt haben.“Er werde das Zusatzprot­okoll dem SPÖ-Präsidium vorlegen, auch dem Ministerra­t – wie das ja üblich ist.

Parlamente reden mit

Was in dem Zusatzprot­okoll klärend festgehalt­en ist, steht im Grunde genommen schon lange fest. In einem juristisch­en Gutachten für den deutschen Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel von 2014 heißt es, dass die Schiedsger­ichte und der Investoren­schutz nationale Kompetenz sind und von den einzelnen nationalen Parlamente­n ratifizier­t werden müssen.

Juncker schloss aus, dass Österreich eine Ausnahme beim Investoren­schutz erhält. Für Kern wäre ein „Optin“oder ein „Opt-out“zwar ein Wunsch, doch er sehe ein, dass die Rechtsverf­assung der EU dies nicht hergebe.

Das war bisher in allen Verhandlun­gsrunden klar. Das EU-Parlament beschloss im Juli, dass es zum CETAVertra­g zusätzlich­e Erklärunge­n geben werde. Das verlangte auch Berlin.

Den Straßburg-Trip nützte der Kanzler auch, um erstmals mit österreich­ischen EU-Abgeordnet­en im Salle d’Honneur zu diskutiere­n – und Selfies zu machen. SPEFraktio­nsvize Josef Weidenholz­er sagte nach dem Treffen: „Kern kommt wieder. Er nimmt das Parlament ernst.“Für die FPÖ-Mandatare war Kerns Besuch nichts weiter als „eine Show“.

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Bei Butterkeks­en kamen Kanzler Kern und Kommission­schef Juncker in Straßburg einander näher

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