CETA: Recht viel Angst, kaum Wissen
Ein Viertel hat ein „sehr schlechtes Gefühl“, nur ein Prozent fühlt sich sehr gut informiert
Eilig kam Bundeskanzler Christian Kern am Mittwoch der Einladung der EU-Spitzen nach, ein klärendes Gespräch über die Zweifel der SPÖ an CETA zu führen.
Kern traf im Europäischen Parlament in Straßburg zuerst Parlamentspräsident Martin Schulz, danach Kommissionspräsident JeanClaude Juncker und EUKommissar Johannes Hahn.
Konkret ging es bei den Gesprächen um ein Zusatzprotokoll zum CETA-Vertrag. „Darin wird den Sorgen der Österreicher Rechnung getragen“, versprach Juncker. Der Text werde auch im EUAmtsblatt veröffentlicht – und ist somit EU-Recht.
Hinter den Kulissen war von einer „gelungenen Inszenierung“die Rede, die Kern die Möglichkeit gibt, der skeptischen SPÖ und dem heimischen Publikum zu sagen, er habe etwas erreicht.
Die EU-Granden versicherten dem Kanzler, das Zusatzprotokoll werde mit Kanada noch Mittwochnachmittag finalisiert und sofort den Regierungen zugestellt.
Keine Privatisierung
Der Bundeskanzler hatte zuletzt betont, CETA zustimmen zu können, wenn es eine rechtsverbindliche Einigung in drei Punkten gebe: die hohen Umwelt- und Konsumentenschutzstandards müssen garantiert sein, die öffentliche Dienstleistungen (Wasser, Müllabfuhr, Gesundheitsversorgung) dürfen nicht privatisiert werden und die Anwendbarkeit der Schiedsgerichte bleibt so lange ausgesetzt, bis alle Parlamente diesem Teil des CETA-Vertrages zugestimmt haben.
Schulz und Juncker rechnen nun damit, dass Österreich CETA unterschreibt und der Vertrag beim EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober angenommen werde.
Kern hielt sich gestern noch zurück: „Es ist jetzt verfrüht zu sagen, dass wir uns auf etwas geeinigt haben.“Er werde das Zusatzprotokoll dem SPÖ-Präsidium vorlegen, auch dem Ministerrat – wie das ja üblich ist.
Parlamente reden mit
Was in dem Zusatzprotokoll klärend festgehalten ist, steht im Grunde genommen schon lange fest. In einem juristischen Gutachten für den deutschen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von 2014 heißt es, dass die Schiedsgerichte und der Investorenschutz nationale Kompetenz sind und von den einzelnen nationalen Parlamenten ratifiziert werden müssen.
Juncker schloss aus, dass Österreich eine Ausnahme beim Investorenschutz erhält. Für Kern wäre ein „Optin“oder ein „Opt-out“zwar ein Wunsch, doch er sehe ein, dass die Rechtsverfassung der EU dies nicht hergebe.
Das war bisher in allen Verhandlungsrunden klar. Das EU-Parlament beschloss im Juli, dass es zum CETAVertrag zusätzliche Erklärungen geben werde. Das verlangte auch Berlin.
Den Straßburg-Trip nützte der Kanzler auch, um erstmals mit österreichischen EU-Abgeordneten im Salle d’Honneur zu diskutieren – und Selfies zu machen. SPEFraktionsvize Josef Weidenholzer sagte nach dem Treffen: „Kern kommt wieder. Er nimmt das Parlament ernst.“Für die FPÖ-Mandatare war Kerns Besuch nichts weiter als „eine Show“.