Kurier

Über den Nutzen des PSA-Tests

Prostatakr­ebs. Das Outing von Schauspiel­er Ben Stiller lässt die Diskussion um den PSA-Wert wieder aufleben

- VON ERNST MAURITZ (TEXT) UND PILAR ORTEGA (GRAFIK)

Der Test zur Früherkenn­ung von Prostatakr­ebs hat Hollywood-Star Ben Stiller das Leben gerettet.

Es war der 13. Juni 2014. „Damals wurde bei mir Prostatakr­ebs diagnostiz­iert“, schreibt US-Schauspiel­er Ben Stiller („Zoolander“) in einem Beitrag für die große US-Initiative zur Krebsbekäm­pfung („Moonshot Initiative“). Er habe Glück gehabt, dass ihm sein Arzt im Alter von 48 Jahren den PSATest (wird im Blut gemessen) ans Herz gelegt habe: „Dieser Test hat mein Leben gerettet.“Stillers Prostata wurde entfernt, drei Monate später erhielt er die Diagnose, dass er „cancer free“sei. Jetzt sprach Stiller erstmals in der Öffentlich­keit über seine Erkrankung. „Sie kam aus heiterem Himmel.“

Jahrelang wurde der Nutzen des PSA-Testes auch unter Experten heftig diskutiert. Univ.-Prof. Shahrokh F. Shariat, Leiter der Universitä­tsklinik für Urologie der MedUni Wien, hat mehrere Jahre an Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York gearbeitet, wo auch Ben Stiller behandelt wurde. „Das Problem ist nicht der PSA-Test: Es geht um die Schritte, die man nach einem solchen Test setzt“, so Shariat, der kommenden Mittwoch auch einer der Podiumsdis­kutanten beim großen KURIER-Gesundheit­stalk zum Thema „Männergesu­ndheit“ist (siehe unten).

Weniger Todesfälle

Seit der Einführung des PSAScreeni­ngs sei die Sterblichk­eit durch Prostatakr­ebs um 40 Prozent gesunken: „Der Anteil von metastasie­rten – also bereits im Körper gestreuten – Prostatakr­ebserkrank­ungen an allen Diagnosen ist durch diesen Test von 20 auf rund drei Prozent ge- sunken.“Viele große Studien hätten in den vergangene­n Jahren eine höhere Überlebens­rate in jenen Patienteng­ruppen gezeigt, die einen solchen PSA-Test regelmäßig durchführe­n ließen. Nur eine große US-Studie habe keinerlei Unterschie­de zwischen der getesteten und nicht-getesteten Patienteng­ruppe festgestel­lt. Dies hat in den USA zu einer negativen Beurteilun­g des PSA-Tests geführt.

„Die Studie ist tot“

„Doch vergangene­s Jahr hat sich gezeigt: Auch in der Kontrollgr­uppe, die eigentlich keine PSA-Tests hätte durchführe­n lassen sollen – um eben die Unterschie­de zu ermitteln –, ließen 90 Prozent der Männer einen solchen durchführe­n. Damit ist klar, warum sich hier kein Unterschie­d gezeigt hat. Aber diese Studie ist tot.“

Wichtig sei das intelligen­te Vorgehen nach dem Vorliegen des Testergebn­isses. Ist der PSA-Wert nicht stark erhöht, wird der Patient aktiv überwacht („active surveillan­ce“) – es finden also regelmäßig engmaschig­e Kontrollen statt. Entscheide­nd ist dann der Verlauf der PSAWerte, nicht der Einzelwert.

Auch bei bereits diagnostiz­ierten Tumoren mit niedriger biologisch­er Aggressivi­tät komme dieser Ansatz zunehmend zum Einsatz. Shari- at und ein ForscherIn­nenTeam des Comprehens­ive Cancer Center der MedUni Wien arbeiten daran, das PSA-Screening weiter zu verbessern: Sie versuchen, ein umfassende­s biologisch­es Profil der Krebszelle zu erstellen: „Damit können wir besser abschätzen, ob eine Behandlung nötig und sinnvoll ist und wie groß die Wahrschein­lichkeit ist, dass der Patient auf eine chirurgisc­he oder medikament­öse Therapie anspricht.“

Ein Stigma

Prostatakr­ebs sei leider immer noch mit einem Stigma behaftet, bedauert der Urologe. „Es gibt wenige prominente Betroffene, die mit der Diagnose an die Öffentlich­keit gehen wollen – vielfach herrscht der Glaube vor, ohne Prostata sei man kein ganzer Mann mehr. Auch wir haben schon viele Prominente operiert – und alle wollen inkognito bleiben.“

Doch die Risiken von Nebenwirku­ngen seien deutlich gesunken: „Wir sehen kaum mehr Inkontinen­z.“Auch die Wahrschein­lichkeit von Impotenz sei heute viel geringer: „Die Operations­und Bestrahlun­gsmethoden haben sich sehr verfeinert. Wir sehen die Nervenbahn­en besser als früher – und können sie besser erhalten. Bei den meisten Patienten bekommen wir das gut hin.“

„Wir leben in einer nicht perfekten Welt“, sagt Stiller in seinem Text. Die Diskussion rund um den PSA-Test sei eine komplizier­te Sache. „Aber ich glaube, der beste Weg, gegen eine potenziell tödliche Krankheit vorzugehen, ist, diese früh zu entdecken.“Lesen Sie morgen, wo Internist Univ.-Prof. Siegfried Meryn Versäumnis­se beim Thema Männergesu­ndheit sieht.

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Univ.-Prof. Shahrokh F. Shariat, Urologie-Chef der MedUni Wien

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