PiS-Chef will Tusk an EU-Spitze verhindern
Intimfeindschaft zwischen Kaczynski und Tusk könnte Konflikt in der EU entzünden
Jaroslaw Kaczynski, Chef der regierenden PiS („Recht und Gerechtigkeit“), will eine weitere Amtszeit Donald Tusks als EU-Ratspräsident verhindern. Im Parlament wird gerade der Absturz der Präsidentenmaschine untersucht, bei der 2010 unter anderen Kaczynskis Zwillingsbruder ums Leben kam. Die PiS will Tusk (PO – „Bürgerplattform“), der damals Premier war, vor Gericht stellen. Zudem läuft ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft. Der Vorwurf: Tusk hätte die Untersuchung des Absturzes blockiert. „Soll diese Person an der Spitze des europäischen Rates stehen?“, fragte Kaczynski rhetorisch in einem Interview.
Formal verhindern kann das Land die erneute Wahl des Ratspräsidenten im Mai 2017 nicht, es genügt eine qualifizierte Mehrheit aller EU-Regierungschefs. Doch dass das eigene Land einen Kandidaten ablehnt, wäre ein besonderer Eklat. Kaczynski gilt als tonangebend in Polen.
Als Premier wurde Kaczynski 2007 von Tusk abgelöst. Daher die Feindschaft. Bis zur Parlamentswahl 2015 gewann die PiS keine Wahlen mehr. Aber auch Tusk hegt anscheinend Groll, nach der Amtsübernahme 2007 soll er Kaczynskis Zimmerpflanzen mit dem Fußball entlaubt haben. Via Twitter äußerte sich der EU-Ratspräsident zuletzt zu den Drohungen des PiSChefs. Angst habe er nicht.
„Tusk ist kein politischer Partner, es gibt nichts zu reden“, so Kaczynski am Mittwoch.Wie der polnische Streit auch ausgeht, Tusks Job könnte gefährdet sein, wenn im Jänner der sozialdemokratische Parlamentsprä- sident Martin Schulz von einem Konservativen abgelöst wird. Dann gäbe es an der EUSpitze drei Politiker, die der Europäischen Volkspartei angehören. Und das werden sich Europas Sozialdemokraten wohl nicht gefallen lassen. Ein heißer Personal-Poker steht bevor.