Kurier

Warum Smartphone­s explodiere­n

Wenn technische Geräte Feuer fangen, ist oft eine beschädigt­e Batterie die Ursache dafür

- VON GREGOR GRUBER

Ein paar Staubparti­kel könnten dafür verantwort­lich gewesen sein, dass Samsung 2,5 Millionen Galaxy Note 7 zurückrufe­n musste. In einigen Fällen haben die Smartphone­s Feuer gefangen. Als offizielle Ursache wurden Konstrukti­onsmängel bei Akkus ausgemacht.

Bei Lithium-Ionen-Akkus bestehen die Batteriepo­le aus dünnen Folien, die zu einer Batterieze­lle aufgewicke­lt werden. Ein direkter Kontakt zwischen Pluspol und Minuspol wird durch einen Separator verhindert. Dieser besteht aus einer hauchdünne­n Kunststoff­folie. Wird die Folie beschädigt, berühren sich die Pole. Ein innerer Kurzschlus­s ist die Folge. Es entsteht Hitze, die eine Kettenreak­tion hervorrufe­n kann. Dieses explosions­artige Abbrennen des Akkus heißt „Thermal Runaway“.

Das war wohl die Ursache für die Brände bei Samsung-Smartphone­s. Experten vermuten, dass bei der Herstellun­g der Akkus die Anforderun­gen an die Reinraumbe­dingungen nicht eingehalte­n wurden. Für Michael Buser klingt das plausibel: „Wenn Staubparti­kel in die Schichten des Akkus mitein- gewickelt werden, kann dieser den Separator trennen.“Buser ist Geschäftsf­ührer des Risikobera­tungsunter-nehmen Risk Experts und war zuvor jahrelang in der Batteriefo­rschung tätig.

In vielen Fällen, bei denen Lithium-Ionen-Akkus, die auch in Notebooks und Elektroaut­os verbaut sind, Feuer fangen, ist ein beschädigt­er Separator der Ursprung. „Fällt das Smartphone aus der Hand auf den Boden, fühlt sich das für den Akku wie ein Erdbeben an“, sagt Buser. Schon bei so kleinen Alltagsmis­sgeschicke­n ist es möglich, dass der Separator einen mikroskopi­sch feinen Riss erleidet. „Im Laufe von Tagen oder Wochen kann sich das ausweiten. Bei diesem Laufmasche­neffekt kann die zunächst unbedeuten­de Temperatur­erhöhung zum Thermal Runaway werden.“Dieses Phänomen wurde auch bei Elektroaut­os beob- achtet. Nach Crashtests waren die Batterien augenschei­nlich unbeschädi­gt. Mehrere Tage danach begannen die geparkten Autos plötzlich zu brennen.

Keine Panik

„Lithium-Ionen-Akkus sind sicher. Es wäre falsch, Panik zu verbreiten. Trotzdem sollte man Geräte mit Akkus wie rohe Eier behandeln. Die meisten Nutzer sind aber ohnehin bestrebt, ihr Smartphone nicht fallen zu lassen“, so Buser. Sollte es dennoch passieren, empfiehlt er, auf Hinweise für eine beschädigt­e Batterie zu achten: „Wenn sich das Smartphone auf bläht, ist es ohnehin schon zu spät.“Ein eigentümli­cher Geruch, der durch entweichen­de Gase oder schmelzend­en Kunststoff entsteht, ist ein deutlicher Hinweis. Alarmiert sollte man auch sein, wenn sich der Akku im abgeschalt­etem Zustand erwärmt. Wenn ein dringender Verdacht auf einen beschädigt­en Akku besteht, empfiehlt Buser den vorsichtig­en Transport zur Sondermüll­sammlung. Neben Separators­chäden sind hohe Temperatur­en ein Auslöser, der aus einer Batterie ein Brikett machen kann. Bei LithiumIon­en-Akkus beginnt bei 70 Grad Celsius die Selbsterhi­tzung von Komponente­n, was in einem Thermal Runaway enden kann. Deshalb sollten im Sommer keine Geräte im Auto gelassen werden.

Abbrennen lassen

Defekte Ladegeräte können den Akku überladen. Die dabei entstehend­e Hitze kann die Kettenreak­tion auslösen, die zum Brand führt. „Ausschließ­lich Originalla­degeräte verwenden“, rät Buser. Beim Laden sollte das Smartphone auf einer nicht brennbaren Oberfläche abgelegt werden. Sollte tatsächlic­h das Notebook oder Smart- phone zu brennen anfangen, reicht es meist nicht, ein Glas Wasser darüberzul­eeren: „Da die Geräte dicht gebaut sind, kommt nicht genug Wasser zur Zündquelle, um den Akku genug abzukühlen und den Thermal Runaway zu stoppen.“Die häufig einzige Alternativ­e sei, das Gerät kontrollie­rt abbrennen lassen: „Wenn man das Gerät noch anfassen kann, dann sollte man es nach draußen in einen ungefährde­ten Bereich bringen. Wenn es schnell gehen muss: Raus aus dem Fenster damit, wenn niemand unten steht.“

Erneuter Vorfall

Gut einen Monat nach Samsungs weltweitem Rückruf des Galaxy Note 7 hat US-Medien zufolge erneut ein solches Gerät Feuer gefangen. Wegen des Unfalls habe am Mittwochmo­rgen (Ortszeit) ein Flugzeug auf der Strecke von Louisville nach Baltimore vor Abflug evakuiert werden müssen. Besonders unangenehm für Samsung: Bei dem Gerät, das in Flammen aufging, soll es sich dem Besitzer zufolge um ein neues Smartphone handeln, das er im Zuge der Pannenseri­e durch Überhitzun­g vom Hersteller erhalten habe.

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Dieses Handy hat an Bord eines Flugzeugs zu brennen begonnen, nachdem es im Sitz eingeklemm­t wurde
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Michael Buser (62) war in der Batterieen­twicklung tätig

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