Kurier

Des Kanzlers Kampf gegen die Giftzähne

Ja, Kerns Hinhalteta­ktik beim EU-Kanada-Pakt CETA war ein Scheingefe­cht – aber vermutlich notwendig.

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Auch wenn es die Allianz der NGOs und die Kronen Zeitung noch nicht so recht wahrhaben wollen: Das EU-Freihandel­sabkommen mit Kanada, kurz CETA, ist auf der Zielgerade­n. Gut so. Es gibt sachlich keine triftigen Gründe, warum ausgerechn­et dieses Abkommen abgelehnt werden sollte – außer einem recht konstruier­ten Konnex zu den USA. Wenn die EU mit Kanada kein Abkommen zustande brächte, könnte sie sich gleich von der Welthandel­sbühne verabschie­den. Dann wären alle anderen Verhandlun­gen – aktuell mit Japan, bald mit Neuseeland oder Australien – ebenfalls schlagarti­g obsolet.Was den radikalste­n Globalisie­rungskriti­kern vermutlich sehr recht wäre.

Und was ist mit den „Giftzähnen“(© Greenpeace), die in CETA angeblich enthalten sind? Nach SPÖ-Darstellun­g hat Bundeskanz­ler Kern als Einziger diese Risiken erkannt und Verbesseru­ngen im Sinne Österreich­s durchgeset­zt. Der Kanzler, heroisch wie Laokoon? Eher im Ringen mit Plüschschl­angen. Denn in der Substanz hat sich CETA kein bisschen geändert. Schon seit 5. Juli ist klar, dass der Schiedsger­ichtshof für Investoren­klagen vorerst noch nicht tätig wird, weil erst die nationalen Parlamente zustimmen müssen. Und auch die Zusatzerkl­ärung, die den Schutz öffentlich­er Dienstleis­tungen oder der Arbeitnehm­errechte betont, ist eine Fleißaufga­be. Sie enthält nichts, was (mit anderen Worten) nicht ohnehin im Vertrag stünde. Ein reiner Show-Act, wie zuvor die Mitglieder­befragung? Ja, aber anders hätte Kern den SPÖ-internen Rebellen in der aufgeheizt­en Stimmung wohl nicht vermitteln können, dass CETA in Österreich­s Interesse ist. Wenn das Scheingefe­cht dafür nötig war, sei es ihm gnädig nachgesehe­n.

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HERMANN SILEITSCH-PARZER

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