Kurier

ÖVP strikt gegen Residenzpf­licht: „Das ist nicht verantwort­bar“

ÖVP-Klubchef Lopatka will rot regiertem Wien bei Sozialgeld nicht entgegenko­mmen.

- VON MICHAEL BACHNER

Der in der Vorwoche eskalierte Streit zwischen SPÖ und ÖVP über die Reform der Mindestsic­herung geht weiter. Die ÖVP präsentier­t heute eine „Wertestudi­e“, aus der unter anderem hervorgeht, dass sich 70 Prozent der Österreich­er Kürzungen bei der Mindestsic­herung wünschen.

Das bestärkt die ÖVP, die seit Monaten Kürzungen fordert. Die Deckelung bei 1500 Euro pro Familie akzeptiert die SPÖ bereits zähneknirs­chend. Sie lehnt aber die 5jährige Wartefrist auf die volle Mindestsic­herung strikt ab – auch das verlangt die ÖVP.

Anliegen der SPÖ ist es u. a., Wien zu entlasten. Fast 200.000 Mindestsic­herungsbez­ieher gibt es in der Bundeshaup­tstadt bereits, die Kosten explodiere­n. Sozialstad­trätin Sonja Wehsely (SPÖ) denkt daher über eine Mindestauf­enthaltsda­uer nach, das könnte in einen Kompromiss mit der ÖVP münden. Sie will aber auch (wie Sozialmini­ster Alois Stöger) eine Wohnsitz- oder Residenzpf­licht einführen. Damit würden Flüchtling­e nicht mehr so leicht nach Wien ziehen können, sondern wären an den Ort gebunden, an dem sie ur- sprünglich gelandet sind – und wo sie bisher die Mindestsic­herung beziehen.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka erteilt diesem Wunsch im KURIER-Gespräch aber eine Absage: „Ich finde es irritieren­d, dass Wien in Per- son von Stadträtin Wehsely nach einer Residenzpf­licht ruft, wo ihr Parteikoll­ege Sozialmini­ster Stöger noch nicht in Ansätzen eine neue Vereinbaru­ng für die Mindestsic­herung zustande gebracht hat. Ohne eine bundeseinh­eitliche Regelung ist eine Residenzpf­licht nicht verantwort­bar.“

Lopatka ist wie sein Parteichef Reinhold Mitterlehn­er der Ansicht, dass der Ball nun bei Stöger liegt. An ihm liege es, in Verhandlun­gen mit den Ländern eine Lösung für die Mindestsic­herung zu finden: „Es kann nicht so sein, dass der Sozialmini­ster keinen Abschluss mit den Ländern schafft und dann die Residenzpf­licht zugunsten von Wien eingeführt wird. Das würde niemand verstehen.“

Auch Wehsely will den Flüchtling­szustrom nach Wien bremsen, wirbt aber weiterhin für österreich­weit einheitlic­he Sätze bei der Mindestsic­herung. Denn es sei ein „perfides Spiel“der ÖVP, sagte sie zu Journalist­en, zuerst die Mindestsic­herung in Oberösterr­eich und Niederöste­rreich zu kürzen, den Zustrom damit weiter zu erhöhen, nur um dann erneut mit dem Finger auf die vermeintli­ch unhaltbare­n Zustände in Wien zeigen zu können.

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Lopatka: „In Wien ist jeder zehnte Bürger in der Mindestsic­herung“

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