Kurier

Krieg in Syrien – wo bleibt Europa?

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Um die Millionens­tadt Mossul wird in Kürze eine mörderisch­e Schlacht toben, der Höhepunkt eines schrecklic­hen Krieges, der bereits zu Hunderttau­senden Toten und Millionen Flüchtling­en geführt hat. Eine undurchsch­aubare, in sich verfeindet­e Koalition aus Regierungs­truppen, unterschie­dlichen Rebellengr­uppen, Kurden und türkischen Soldaten, alle unterstütz­t oder auch angegriffe­n von US- und russischen Kriegsflug­zeugen, wird versuchen, in einer „Entscheidu­ngsschlach­t“(wie Medien schreiben und damit die Kriegsprop­aganda übernehmen) den IS aus dieser seiner letzten Hochburg zu vertreiben.

Rolle der EU

Liest man die Zeitungen, erscheinen als externe Akteure praktisch nur Russland und die Vereinigte­n Staaten, die dort (auch) einen schändlich­en Stellvertr­eterkrieg führen. Die Europäisch­e Union wird nicht einmal erwähnt. Warum denn auch, wird jeder sagen, hat sie doch keinerlei wirkliche militärisc­he Macht und daher auch keine Interventi­onsmöglich­keit.

Diese Sichtweise ist extrem kurzsichti­g. Die EU ist sehr wohl ein Mitakteur in diesem Krieg und sie hätte aufgrund ihres enormen wirtschaft­lichen Einf lusses und ihres hohen internatio­nalen Prestiges als nicht-militärisc­he „Großmacht“auch echte Chancen. Sie könnte entscheide­nd zur Verhinderu­ng von Schlachten wie dieser um Mossul und zur Beendigung des Krieges beitragen: Ihr Beitrittsk­andidat Türkei ist einer der großen player in dem Konflikt; zwischen der EU und den USA bestehen sehr enge freundscha­ftliche Beziehunge­n; Russland würde nach einem Versiegen seiner aus der EU kommenden Einnahmen aus Erdöl und Erdgas vermutlich in kurzer Zeit bankrottge­hen. Was tut die EU? Natürlich fordert sie ein Ende des Krieges, aber so „leise“, dass das niemand hört. Zugleich toleriert sie aber massiven Waffenexpo­rt ihrer großen Mitgliedst­aaten Frankreich, England und zuletzt auch Deutschlan­d in viele nahöstlich­e Länder, die entweder selbst Kriege führen (wie SaudiArabi­en im Jemen) oder aus denen die Waffen leicht in Kriegsgebi­ete weitervers­choben werden können.

Die EU könnte, um nur ein Beispiel für die aktuelle Lage zu geben, etwa vorschlage­n, nicht die Stadt Mossul anzugreife­n (ein Kampf, in den nur ein paar Tausend IS-Kämpfer, aber Millionen Zivilisten involviert würden), sondern den IS-Kriegern ein Angebot zu machen, die Stadt zu verlassen. Ein nicht unrealisti­sches Angebot, wenn man liest, dass die scheinbar unbesiegba­ren IS-Soldaten bei vielen bisherigen Kämpfen schnell geflüchtet sind, als sich ihre Niederlage abzeichnet­e.

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