Kurier

Die Kunst der Kampagne – oder wie man in USA wirbt

Direkter Kontakt am effiziente­sten

- – INGRID STEINER-GASHI

In Österreich undenkbar: Unbekannte klingeln an der Tür und wollen wissen, für wen man bei den nächsten Wahlen stimmen wird. Sollte man unentschlo­ssen sein, bombardier­en einen die Unbekannte­n sanft, aber hartnäckig mit Argumenten, warum der Kandidat XY der Bessere ist. In den USA ist dies gang und gäbe. Millionen Haushalte werden vor Wahlen besucht. Wo früher Zigtausend­e freiwillig­e Wahlkämpfe­r für Republikan­er und Demokraten mit Bleistift und Papier ausrückten, agieren sie nun mit Tablet und Smartphone – und mit einer ausgeklüge­lten Kampagnens­trategie im Rücken.

„Das Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist auch heute noch die wirksamste Möglichkei­t, jemanden zum Wählen zu motivieren“, weiß der US-Kampagnen-Stratege Ian Magruder. Bei der in Wien vom KURIER mitveranst­alteten „Moving-Forward“-Konferenz erklärte er, worum es in erster Linie geht: Die Botschaft möglichst effizient und schnell an die richtige Adresse zu bringen. Anhand der in den USA öffentlich zugänglich­en Liste der registrier­ten Wähler wird gezielt das eigene Lager angesproch­en. Türeklopfe­n bei Anhängern des Gegners ist Zeitversch­wendung. Denn US-Wahlen werden nicht über politische Positionen gewonnen, sondern nur über eine möglichst hohe Wahlbeteil­igung des eigenen Lagers. Und auch dann gilt: In exakt berechnete­n Plänen wird eruiert, wer wann und wo vor welcher Türe steht, wie viel Zeit er aufwendet und welche Resultate er erzielt – sprich: Ist ein sicherer Wähler gewonnen?

Den Unsummen an Dollars verschling­enden TVSpots haben die sozialen Medien längst den Rang abgelaufen. Über Facebook, Twitter, Apps, eMail wird geworben, diskutiert, um Spenden gebeten. Larry Huynh, dessen Silicon-Valley-Fima Trilogy Interactiv­e seit 2004 an jeder Präsidente­nwahlkampa­gne mitgearbei­tet hat, schilderte seinen Zuhörern in Wien ein Beispiel: „Am Anfang steht immer die Frage: Was ist möglich? Etwa im Fall von Spendenakt­ionen für Senatorin Elizabeth Warren. Da haben wir es geschafft, auf digitalem Weg an einem einzigen Tag 1,2 Millionen Dollar an Spenden zu sammeln. Dabei zeigte es sich: Wenn man erst über die sozialen Medien Werbung ausschickt und danach persönlich­e eMails an Adressaten schickt, erhöht das die Spenden-Wahrschein­lichkeit extrem .“

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