„Flexibler arbeiten ist ein Muss“
Generalsekretär Neumayer befürchtet, dass von Kerns „Big Deal“nur ein „Paketerl“übrig bleibt
Mit großen Worten war Bundeskanzler Christian Kern im Mai angetreten. Ein „Big Deal“sollte die Wirtschaft aus ihrer langen Flaute holen. Einen Teil dieses Deals sollte die Arbeitsgruppe „Arbeit und Wachstum“erarbeiten. Doch statt eines reformfreudigen, wirtschaftsbelebenden Programms droht nur „ein Paketerl“zu kommen, befürchtet Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Nur noch eine Sitzung der Arbeitsgruppe zu Wochenbeginn könnte das ändern. „Die Zeit ist extrem knapp geworden, schon am Dienstag sollen die Ergebnisse der Arbeitsgruppe im Ministerrat beschlossen werden“, erklärt Neumayer im Gespräch mit dem KURIER. Der Zankapfel ist wieder einmal die Arbeitszeit. Die Industrie pocht auf eine Anhebung der zulässigen Tagesarbeitszeit auf zwölf Stunden, die SPÖ opponiert. „Diese Flexibilisierung ist ein Muss. Wir brauchen sie im Wettbewerb mit internationalen Unternehmen“, betont Neumayer.
Überstunden bleiben
Den Widerstand der SPÖ kann er nicht verstehen. Es gehe nicht darum, den Menschen die bezahlten Überstunden wegzunehmen. Die Unternehmen wollten lediglich, dass ein zwölf-Stunden-Tag, wie er in der Praxis bei Auftragsspitzen vorkomme, gesetzlich erlaubt sei. „Wir wollen den rechtlichen Boden dafür haben“, unterstreicht der IVGeneralsekretär. An der Wochenoder Jahresarbeitszeit sollte diese Flexibilisierung nichts ändern. Sie betreffe auch nicht die Arbeiter, sondern die Angestellten; „jene, die Projektaufträge abzuarbeiten haben und in Gleitzeitmodellen arbeiten“. Die Befürchtung der Gewerkschaft, dass die Bauarbeiter dann zwölf Stunden hackeln müssten, sei unbegründet.
„Ohne diese Flexibilisierung wird das Ergebnis der Arbeitsgrup- pe jämmerlich sein“, warnt Neumayr. Das erwünschte Signal an die Wirtschaft bliebe dann aus.
Vom Vorschlag der SPÖ, der Flexibilisierung zuzustimmen, wenn sie im Gegenzug eine sechste Urlaubswoche für die Beschäftigten erhalte, will Neumayer nichts wissen: „Die sechste Urlaubswoche kostet uns 400 Millionen Euro. Mit der Flexibilisierung verdienen wir aber nicht mehr. Da geht es nur um rechtliche Absicherung.“
Nicht nur Kleine fördern
Der IV-Generalsekretär hat aber auch ein zweites Anliegen: „Wir brauchen eine breit angelegte Investitionsförderung, um die extrem schlechte Stimmung in der Industrie aufzuhellen“, fordert er.
Bisher sind sich Rot und Schwarz in der Arbeitsgruppe nur einig, dass kleine Betriebe bis zu 250 Mitarbeiter eine Investitionszuwachsprämie (siehe unten stehenden Bericht) erhalten sollen. Neumayer ist das zu wenig. Es müssten alle Unternehmen, also auch die Großen, einen Anreiz für Investitionen erhalten. Das Gegenargument der SPÖ, es gebe dann die Gefahr von Mitnahmeeffekten – in Deutschland hatten Unternehmer mit der Investitionsförde- rung Flugzeuge gekauft – nicht gelten. „Wenn ich einen Investitionsfreibetrag mache und diesen genau definiere, damit er realwirtschaftlich eingesetzt wird, sind Auswüchse vermeidbar“, glaubt Neumayer.
Der IV-Generalsekretär gäbe sich eventuell auch mit einer Investitionszuwachsprämie zufrieden, wenn diese für alle – also kleine wie große Unternehmen – gelte. „Das muss doch möglich sein“, meint er. Immerhin habe die SPÖ genau dafür 2003 sogar einen Antrag eingebracht. Ohne breite Investitionsförderung verpuffe die Reform.
Die Industrie wünscht sich zudem einen Ausbau der Mitarbeiterbeteiligung. Modelle, wie sie die voestalpine oder der Flughafen Wien bereits haben, sollten auf eine breitere Basis gestellt werden. „Es sollte ein neues Mischmodell aus den beiden mit längeren Behaltefristen der Aktien entwickelt werden“, fordert Neumayer.
Und schließlich sollte die RotWeiß-Rot-Card (Aufenthaltsbewilligung für qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten) auch für ausländische Studenten gelten, die den Bachelor hier machen. Derzeit gibt es sie nur für jene, die ein Masterstudium beendet haben.