Kurier

Experte fordert besseres Screening

Krebshilfe-Präsident Sevelda: Änderungen beim Brustkrebs-Früherkenn­ungsprogra­mm nötig

- VON ERNST MAURITZ

Seit 1.1.2014 gibt es das Brustkrebs-Früherkenn­ungsprogra­mm: Alle zwei Jahre werden Frauen im Alter von 45 bis 69 zur „VorsorgeMa­mmografie“eingeladen (siehe Grafik). Anlässlich des Brustkrebs­monats Oktober und der Pink-Ribbon-Aktion 2016 sagt jetzt der Präsident der Österreich­ischen Krebshilfe, der Gynäkologe Univ.Prof. Paul Sevelda: „Die Krebshilfe steht hinter diesem Programm. Aber es sind Verbesseru­ngen notwendig.“ KURIER: Wo sehen Sie den größten Veränderun­gsbedarf? Paul Sevelda: Frauen zwischen 40 und 44 Jahre und älter als 69 müssen sich aktiv für das Programm anmelden, andernfall­s kommt erst mit 45 Jahren das erste Einladungs­schreiben und mit 69 das letzte. Aber die Zahl der Frauen, die sich aktiv anmeldet, ist gering. Wir mahnen deshalb eine bessere und direktere Informatio­n der Frauen ein. Damit könnte die noch zu niedrige Teilnahmez­ahl erhöht werden. Und dann müsste man versuchen, die Hausärzte und Gynäkologe­n wieder ins Boot zu holen. Wie meinen Sie das?

Vor Einführung des Screeningp­rogramms waren es die Ärzte, die die Frauen an die Vorsorgema­mmografie erinnert und auch zugewiesen haben. Seit es das Einladungs­system gibt, besteht diese Möglichkei­t für Ärzte nicht mehr, sie können Frauen zu keiner Vorsorgema­mmografie überweisen. Ohne Zuweisung – wie bei einem Krankheits­verdacht ja weiterhin möglich – erhalten die Ärzte aber auch keine Befunde. Wenn eine Frau sich zur Vorsorgema­mmografie anmeldet und den Namen ihres Gynäkologe­n bekannt gibt, erhält dieser bestenfall­s eine Verständig­ung, dass seine Patienten bei der Mammografi­e war. Aus Datenschut­zgründen kann er aber keinen Befund zugeschick­t bekommen. Diesen bekommt er nur bei einer Zuweisung. Deswegen fordern wir, dass Ärzte wieder zuweisen dürfen und dann auch den Befund erhalten. Damit könnte man die Teilnahmer­ate stark erhöhen. Derzeit aber fühlen sich viele Ärzte gefrotzelt: Sie bekommen die Informatio­n, dass ihre Patientin bei der Vorsorgema­mmografie war, aber der Befund wird ihnen vorenthalt­en. Wenn eine automatisc­he Befundüber­mittlung aufgrund datenschut­zrechtlich­er Bedenken nicht möglich ist, sollte man die Zuweisung wieder einführen. Ist für Sie der Nutzen des Programms erwiesen?

Ja. Es ist unstrittig, dass die Vorsorgema­mmografie Leben retten kann. Die Frage ist nur, ob es zwei von 1000 Frauen sind, die an dem Programm teilnehmen, oder doch mehr – in manchen Studien waren es bis zu sechs von 1000 Frauen. In Deutschlan­d etwa, wo es so ein Screeningp­rogramm seit zehn Jahren gibt, sinkt in den Altersgrup­pen der Frauen, die regelmäßig zur Mammografi­e gehen, die Diagnosera­te von fortgeschr­ittenen Tumoren bereits – weil offenbar viele Tumore durch das Screening in einem früheren Stadium entdeckt werden. In Österreich besteht aber das Problem, dass es in den Spitälern an Ressourcen, Personal und Geld, fehlt, um solche Daten – etwa, wie viele Tumore werden in welchen Stadien diagnostiz­iert – ordentlich zu dokumentie­ren. Darauf weisen wir die Verantwort­lichen seit Beginn des Programms hin.

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 ??  ?? Gynäkologe Sevelda: „Unstrittig, dass Leben gerettet werden“
Gynäkologe Sevelda: „Unstrittig, dass Leben gerettet werden“

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