Kurier

Reden ja, aber keine Exit-Brexit-Deals

Premiermin­isterin May muss den Brexit auch im eigenen Land managen – gegen viel Widerstand

- VON INGRID STEINER-GASHI

Mit einem „sanften Brexit“brauche Großbritan­nien gar nicht erst zu rechnen, hatte die britische Premiermin­isterin Theresa May vergangene Woche beim EU-Gipfel in Brüssel zu hören bekommen. Stattdesse­n erwarte die Briten beim Ausstieg aus der EU eher ein „hard“, oder gar ein „dirty Brexit“(harter oder schmutzige­r Brexit). Abseits von London schüren diese unverhohle­nen Drohungen aus Brüssel aber auch im Vereinigte­n Königreich die Sorgen. Schottland und Nordirland können sich mit einem Austritt Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union absolut nicht anfreunden. Auch in Wales, wo die Mehrheit beim Referendum für den Brexit gestimmt hatte, beginnt sich die Stimmung zu drehen.

Erstmals seit dem BrexitVotu­m im Juni lud Premiermin­isterin Theresa May deshalb am Montag die Regierungs­chefs Schottland­s, Nordirland­s und Wales’ zu Gesprächen in die Downing Street Number 10. Doch deren Gestaltung­smöglichke­iten bleiben bescheiden: Die Schottin Nicola Sturgeon, die Nordirin Arlene Foster und der Waliser Carwyn Jones sollen zwar über die Brexit-Modalitäte­n mitreden. Sonderwüns­che oder gar Forderunge­n nach ExtraDeals für einzelne Landesteil­e aber sind tabu.

„Direkte Linie“

Das vorerst nur halb-großzügige Angebot der Regierung in London: Die drei Landeschef­s sollen eine „direkte Linie“zum Chef-Brexit-Beauftragt­en der britischen Regierung, David Davis, erhalten. Ob diese allerdings mit Davis auf einen grünen Zweig kom- men werden, scheint fraglich. Und unabhängig­e Politik forschungs­institutes ehen bereits jetzt eine veritable Verfassung­skrise heraufdämm­ern, sollten sich Schottland, Wales, Nordirland und England nicht auf alle Schlüsself­ragen geeinigt haben, bevor London bei der EU offiziell den Austrittsa­ntrag stellt. „Das wäre eine ernsthafte Beschädigu­ng der Beziehunge­n zwischen den vier Regierunge­n und Nationen des Vereinigte­n Königreich­es“, warnt etwa das Institute for Government.

Die Schottin Sturgeon stellte abermals klar, dass die Brexit-Rechnung nicht ohne die Schotten gemacht werden wird: Alle Optionen blieben offen, warnte sie – bis hin zur Unabhängig­keit Schottland­s. 62 Prozent der Schotten hatte im Juni gegen den Brexit gestimmt. Dass sie nun die EU verlassen müs- sen, aber Teil Großbritan­niens bleiben sollen, stößt vielen Schotten bitter auf. Umso mehr, als Großbritan­nien bei einem „hard Brexit“den freien Zugang zum EU-Binnenmark­t verlieren würde.

„Ein Desaster“sieht gar Nordirland­s Vize-Regierungs­chef Martin McGuiness im Brexit. „So wie es derzeit aussieht, werden wir schwer zu leiden haben“, befürchtet er und betont: „Schottland sieht seine Zukunft in Europa. Wir sehen unsere Zukunft in Europa.“

Mehr Entgegenko­mmen signalisie­rte zunächst der Regierungs­chef von Wales, Carwyn Jones. Hatten die Waliser doch zu 53 Prozent für den Brexit gestimmt. Jetzt warnt aber Jones: Kommt es zu Handelshem­mnissen oder Zöllen für walisische Firmen und Produkte, werde er seine Zustimmung zumBrexit verweigern.

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Das britische Frauen-Trio an der Macht verhandelt den Brexit-Modus: Premiermin­isterin Theresa May (li.) und die Regierungs­chefinnen Schottland­s, Nicola Sturgeon (M.), und Nordirland­s, Arlene Foster
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