Abenteuer im Reich der Riesen
Jakob Pöltl gibt sich vor der NBA-Premiere eines Österreichers abgebrüht / Sein Team gilt als Geheimtipp
Was wohl passieren muss, damit Jakob Pöltl einmal zittrige Hände, weiche Knie und so richtiges Nervenflattern bekommt? Da sind’s nur noch wenige Stunden, bis die berühmte NBA beginnt und der 21-Jährige damit heimische Sportgeschichte schreibt – und was macht Jakob Pöltl? Er präsentiert sich so abgeklärt und cool, als würde ihn der Trubel in der 5,2 Milliarden US-Dollar schweren Liga nichts angehen.
Tatsächlich hat der Wiener sein halbes Leben lang auf diesen einen Moment hingearbeitet und sich mit einem Masterplan darauf vorbereitet. Von den Eltern, beide selbst ehemalige Spitzenathleten, hat er den Ehrgeiz und den richtigen Zugang zu Professionalität und Disziplin eingeimpft bekommen. In den zwei Jahren mit Utah in der US-College-Liga erhielt er die Gewissheit, dass er zu den besten Basketballern seines Jahrgangs zählt. Und bei den Coaches und Mitspielern seines NBA-Vereins Toronto Raptors genießt er das vollste Vertrauen, nachdem Pöltl in den Testspielen bereits aufzeigen konnte.
5,6 Punkte pro Match, vier Rebounds und eine Trefferquote von 56,3 Prozent – das sind Zahlen, mit denen manche Sportfans hierzulande vielleicht wenig anfangen können. Für die NBA-Experten und Pöltl selbst sind diese Kennziffern aber der Beleg, dass der Österreicher in der besten Basketballliga der Welt seinen Platz finden wird. „Ich muss für alles bereit sein und werde mich der Mannschaft natürlich unterordnen“, erklärt der 21-Jährige vor dem Debüt in der Nacht auf Donnerstag gegen die Detroit Pistons.
Österreich am Ball
Aus seiner Heimat hat sich eine kleine Delegation nach Kanada aufgemacht, um bei diesem historischen Moment live dabei zu sein. Schon beim Draft im Juni, bei dem sich Jahr für Jahr die NBA-Vereine die Rechte an den besten Nachwuchs-Basketballern sichern, war Pöltl von Familie und Freunden besucht worden, zur NBA-Premiere im Trikot von Toronto reisen nun Mutter, Schwester, Schulfreunde und einige Basketball-Wegbegleiter an.
Allzu viel Zeit wird Pöltl für Familie und Freunde freilich nicht haben. Der Alltag als NBA-Profi ist stressig, der Kalender streng durchgeplant. Bis 12. April sind im Grunddurchgang für jedes Team 82 Spiele zu absolvieren. So schnell sich der Wiener auf dem Parkett der besten Liga der Welt akklimatisiert hat, so schwer fällt ihm derzeit noch der Umgang mit den Reisen und den vielen Spielen in kurzer Zeit. Die Toronto Raptors jetten zwar, wie übrigens jedes NBA-Team, mit einem komfortablen Privatflieger von Auswärtsspiel zu Auswärtsspiel, die Müdigkeit verf liegt allerdings nicht so leicht. „Manchmal weißt du nicht, in welcher Zeitzone du bist“, berichtet Jakob Pöltl.
Da ist es angenehm, dass die NBA-Saison für Toronto in diesem Jahr mit drei Heimspielen beginnt. Ob er gleich im ersten Match zum Zug kommt, ist für Pöltl gar nicht so relevant. „Ich mache mir keinen großen Kopf darüber.“Zumal er eines weiß: „Ich habe gesehen, dass ich bei einer entsprechenden Entwicklung mittelfristig eine gute Rolle in dieser Liga einnehmen kann.“