Dominic Thiem erteilt eine Lehrstunde, Jürgen Melzer hat eine Sternstunde
Der 23-Jährige schlug Gerald Melzer in 63 Minuten. Dessen Bruder Jürgen spielte groß auf.
Thiem in Wien in Runde zwei
Der Niederösterreicher ließ seinem Landsmann Gerald Melzer keine Chance: 6:0, 6:3.
Jubelstimmung kam bei den beiden Top-100Spielern unseres Landes keine auf, als sie das Ergebnis der Auslosung erfuhren hatten. Schließlich ist ein Österreicher-Duell zumindest offiziell nie etwas Schönes.
Dominic Thiem wird sich ob des Wissens, dass Gerald Melzer zwar ein durchaus bravouröser Sandplatz-Spieler ist, auf schnelleren Belägen jedoch sehr schnell ausscheiden kann, weil ihm dort noch etwas die Platz-Reife fehlt, aber insgeheim ins talentierte Fäustchen gelacht haben. Und der Jungstar dürfte Recht behalten haben. Die 7000 Zuschauer in der Wiener Stadthalle hatten sich auf ein Österreicher-Duell gefreut, mussten aber nicht einmal Notdurftpausen beanspruchen, so flink war das vierte Match auf dem Centre Court vorbei – der 23-Jährige siegte kurz und bündig nach 63 Minuten 6:0, 6:3.
Die Tennisfans hatten noch nicht einmal Platz genommen, war der erste Satz schon vorbei. Als die Journalisten das Auspacken der Laptops finalisiert hatten, war Thiem in 20 Minuten dank feiner Hand- und Beinarbeit mit dem ersten Satz fertig. Das Publikum war fair, beklatschte auch die acht von 33 Punkten, die der chancenlose Deutsch-Wagramer gemacht hat. Freilich, ein bisserl überraschend war das alles schon – zumal Melzer II von drei Aufeinandertreffen zuvor zwei gewonnen hatte (alles passierte aber auf Sand).
Der 26-jährige Melzer, die Nummer 74 der Welt, steigerte sich, letztlich musste der derzeit zweitbeste Österreicher aber zum Sieg gratulieren – entscheidend war das Break zum 5:3. Thiem zeigte, dass er in Form ist und voraussichtlich zum ATP-Finale der acht besten Spieler des Jahres im November nach London fahren wird. „Dominic spielt einfach auf einen anderen Level“, gestand ein fairer Melzer, der nun seine bislang beste Saison beendet. Thiem war auch sehr fair: „Mir kam einfach zugute, dass ich schon länger in der Halle trainiere, und der gute Start hat mir sehr geholfen.“Und London? „Das wäre toll, ich blende es aber zur Zeit aus.“Er darf vorerst also in Wien bleiben, heute mit seinem Freund Dennis Novak die weltberühmten US-Zwillinge Bryan fordern, aber vor allem am Donnerstagabend im Achtelfinale die spielerische Belastbarkeit des Serben Victor Troicki testen.
Altstar besiegt Djokovic-Bezwinger
Wenn die Nummer 417 gegen die Nummer 14 antritt, dann ist eigentlich alles klar. Jürgen Melzer sind die Zahlen und Statistiken wurscht: Der 35-Jährige spielte wie in seinen besten Zeiten und schickte den Spanier Roberto Bautista Agut (zuletzte Sieger über Novak Djokovic in Schanghai) mit 6:3 und 7:5 nach Hause. Der Deutsch-Wagramer, 2011 die Nummer acht der Welt und 2009 und 2010 Sieger von Wien, brachte sein Gegenüber mit seinem Offensiv-Spiel stets in Bedrängnis, spielte perfekte Volleys und zeigte auch von der Grundlinie, dass ihm die heutige Jugend nicht zu schnell geworden ist. „Mir hat der Start gut geholfen. Man zweifelt oft, aber für diese Momente spielt man noch.“Und der Körper? „Ich bin keine 25 mehr, aber derzeit passt wieder alles.“Heute spielt er mit dem 42-jährigen Julian Knowle Doppel, am Donnerstag Einzel gegen den Italiener Fabio Fognini oder den Spanier Albert Ramos. Erste Bank Open (2.467.310 Euro), Thiem (AUT/3) – G. Melzer (AUT/WC) 6:0, 6:3, J. Melzer (AUT/WC) – Bautista Agut (ESP/4) 6:3, 7:5, Ferrer (ESP/5) – Edmund (GBR) 3:2 Aufgabe, Tsonga (FRA/6) – Becker (GER/Q) 6:3, 6:4, F. López (ESP) – Pouille (FRA/7) 6:4, 2:6, 7:5, Troicki (SRB) – Anderson (RSA) 4:6, 7:6 (5), 7:5, Simon (FRA) – Garcia-López (ESP) 6:4, 7:5, Sousa (POR) – Cuevas (URU) 6:3, 3:0 Aufgabe.
Marach/Martin (AUT/FRA) – Ramos-Viñolas/Sousa (ESP/POR) 6:2, 7:6 (4). Vergangene Turniersieger David Ferrer (ESP) Andy Murray (GBR) Tommy Haas (GER) Juan Martin del Potro (ARG) Jo-Wilfried Tsonga (FRA) Jürgen Melzer (AUT)