Kurier

Ziesel kommt Bürgern gelegen

Geht es Bauprojekt-Gegnern wirklich um den Naturschut­z?

- VON BERNHARD ICHNER

Noch ist es ruhig, grün und idyllisch in der Gundackerg­asse 2 – an der südlichen Grenze des Landschaft­sschutzgeb­ietes Donaustadt. Kein Wunder, galt für das Grünland mit seinen Wiesen und Wäldern bis dato doch eine Bausperre. Die dürfte aber bald Geschichte sein.

Die Wiener Stadtentwi­cklung will Teile des Areals nämlich auf Bauland umwidmen und den Lebensraum zahlreiche­r geschützte­r Tierarten – darunter Ziesel, Feldhamste­r, Fledermäus­e, Hirschkäfe­r und Schnirkels­chnecke – für den Wohnbau nutzen. Bis zu 350 Wohnungen könnten hier unweit der Seestadt Aspern entstehen.

Die Anrainer wollen dies jedoch nicht hinnehmen, gründeten eine Bürgerinit­iative und sammelten rund 500 Unterschri­ften gegen das Projekt. Dass der weitaus größte Teil des nunmehrige­n Grünlands in „Schutzgebi­et Wald- und Wiesengürt­el“(SWW) umgewidmet werden soll, besänftigt sie nicht. „Wir haben bei Bezirk und Umweltanwa­ltschaft Parteienst­ellung im Umweltvert­räglichkei­tsverfahre­n beantragt“, berichtet Initiator Roland Schuldt. Bei der EUKommissi­on erstattete er zudem Anzeige „wegen Verstoßes gegen das Naturschut­zgesetz“. Unterstütz­t wird die Bürgerinit­iative von der Wiener Naturwacht.

Donaustadt wächst

Von einer Umweltvert­räglichkei­tsprüfung – so es angesichts der Projektgrö­ße überhaupt eine geben wird – kann aber noch keine Rede sein. Denn bis dato gibt es noch nicht einmal ein Bauprojekt. „Diese 350 Wohnungen, das sind bloß Planzahlen der Stadtentwi­cklung“, sagt Bezirksche­f Ernst Nevrivy (SPÖ).

Seiner Ansicht nach ist die Schaffung von Wohnraum in der Donaustadt dringend notwendig. Wird der 183.000-Einwohner- Bezirk Prognosen zufolge in den kommenden zehn Jahren doch um 27 Prozent wachsen. Anbieten würden sich für die Errichtung von Wohnungen dabei in erster Linie Grundstück­e, die bereits über die notwendige Infrastruk­tur verfügen – „wie etwa an der Gundackerg­asse“.

Nevrivys Meinung nach wird das Naturschut­z-Argument gern vorgeschob­en. Oftmals würden Bürger, die ins Grüne ziehen, glauben, sie wären die letzten, die sich dort niederlass­en dürfen, meint der Bezirksche­f.

Aufregung

Eine Unterstell­ung, die Anrainer Schuldt nicht per se zurückweis­t. „Einigen Nachbarn geht es wohl auch darum, dass sie keinen zusätzlich­en Verkehr und keinen Baulärm wollen.“Die Angst, die geschützte­n Tiere (deren Existenz die Umweltschu­tzbehörde MA22 bestätigt) könnten zu Schaden kommen, teilt Nevrivy jedenfalls nicht. „Rund herum gibt es genug Grünland.“Zudem könne nur gemäß Naturschut­zgesetz gebaut werden.

Aufregung gab es gestern, Dienstag, als eine vermeintli­che Baumaschin­e des Forstamts auf dem Gelände auffuhr und nach Meinung der Anrainer Rodungsarb­eiten in Angriff nahm. Es handelte sich aber bloß um ein Mulchgerät, das einen überwucher­ten Zaun freilegen sollte.

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 ??  ?? Sorgen um Flora und vor allem Fauna macht sich Anrainer Roland Schuldt. Darum gründete er gegen die Umwidmung eine Bürgerinit­iative
Sorgen um Flora und vor allem Fauna macht sich Anrainer Roland Schuldt. Darum gründete er gegen die Umwidmung eine Bürgerinit­iative
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REINHARD VOGEL
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SPÖ-Bezirksche­f Ernst Nevrivy begrüßt Wohnbaumaß­nahmen

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