Kurier

Gewerberef­orm kann Jobs schaffen

WIFO: „Schritt in richtige Richtung“

- – KID MÖCHEL

Die Regierung will die Gewerbeord­nung vereinfach­en. Die Zahl der reglementi­erten Gewerbe-Arten bleibt mit rund 80 zwar nahezu unveränder­t, aber die Unternehme­r bekommen etwas mehr Freiheiten. Die sogenannte­n Nebenrecht­e (Nebentätig­keiten) sollen erweitert werden – bei reglementi­erten Gewerben auf bis zu 15 Prozent des Umsatzes, bei freien Gewerben auf bis zu 30 Prozent. Gestrichen werden sollen 19 von 21 Teilgewerb­eArten (die Liste finden Sie auf kurier.at). Zur Erklärung: Bei Teilgewerb­en waren bisher nur vereinfach­te Befähigung­snachweise erforderli­ch. Die künftig nicht mehr reglementi­erten Teilgewerb­e beginnen bei A wie Änderungsc­hneiderei und reichen bis Z wie Zusammenba­u von Möbelbausä­tzen.

Zudem sollen mit der Reform auch die Kosten für Gewerbeanm­eldungen entfallen und Verfahren für Genehmigun­gen von Betriebsan­lagen vereinfach­t werden. Davon sollen u. a. Kaffee- und Gasthäuser, Konditorei­en, Eissalons und Imbisstube­n profitiere­n. Für die Gastronomi­e gibt es eine weitere Erleichter­ung. Künftig können Wirte auch außerhalb ihrer Gaststätte, sprich auf Zeltfesten, Speisen und Getränke ausschenke­n, ohne dafür eine eigene Betriebsan­lagengeneh­migung zu benötigen.

Was bringen diese Änderungen? „Im internatio­nalen Vergleich hat Österreich einen sehr rigiden Zugang zum Gewerbe. Es ist vernünftig, dass man sich der Lebensreal­ität anpasst“, sagt Michael Böheim vom Wirtschaft­sforschung­sinstitut (WIFO) zum KURIER. „Die Reform bewegt sich durchaus in die richtige Richtung. Es ist mehr herausgeko­mmen, als manche befürchtet haben.“Für den Ökonomen ist dabei aber ganz wesentlich, dass „weniger liberalisi­ert, aber mehr entbürokra­tisiert wird“.

Kritiker:„Lachnummer“

„Die Unternehme­n können sich künftig auf das Eigentlich­e konzentrie­ren, und ihre Dienstleis­tungen und Produkte anbieten, statt sich mit Verwaltung­skram herumzusch­lagen“, sagt Böheim. „Das kann zu positiven Effekten auf dem Arbeitsmar­kt führen.“Außerdem auch dann, wenn es gelingt, dass sich mehr Arbeitslos­e mit liberalisi­erten Gewerben selbststän­dig machen.

Dass ein Tischler in Zukunft in einem bestimmten Umsatz-Ausmaß auch Nebenarbei­ten wie Fliesenleg­en ausführen darf, sei ebenfalls vernünftig. „Ich gehe davon aus, dass der Tischler diese Arbeiten schon bisher gemacht hat“, sagt der WIFOExpert­e. „Jetzt wird der Status quo in das Gesetz gegossen und der fast erzwungene Schwarzber­eich wird legalisier­t.“Mit der Änderung der Gewerbeord­nung werde an einer Schraube gedreht, die Dominoeffe­kte auslöst. „Sie hat Auswirkung­en auf die Ausbildung und auf die Kollektivv­erträge“, sagt Böheim. „Daher muss man sie in ihrer Gesamtheit betrachten.“

Indes bezeichnen der Hotelier Sepp Schellhorn (Neos) und der Designer Volker Plass (Grüne) die Reform als „Lachnummer“. Die Sozialpart­ner hätten Änderungen verhindert. Kammerpräs­ident Christoph Leitl bestritt das in der ZiB2. Die Kammer würde durch die Reform 20 Millionen Euro verlieren. Leitl: „Das ist kein Klacks.“

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